Building from the Inside (Das »Doppelohr«)

Richard Deacon – Building from the Inside, 1992, Edelstahl, gesandstrahlt, Höhe ca. 6 m, Volta Platz in Krefeld nach der Reinigung 2015. Foto: Brigitta Heidtmann
Richard Deacon – Building from the Inside, 1992, Edelstahl, gesandstrahlt, Höhe ca. 6 m, Volta Platz in Krefeld nach der Reinigung 2015. Foto: Brigitta Heidtmann

Geräuschvoll rollt die K-Bahn durch die Kurve auf dem Volta-Platz Richtung Krefeld Hauptbahnhof. Betriebsamer Autoverkehr lärmt zugleich über die angrenzende Volta- und Ritterstraße und mit ein wenig »Glück« schiebt sich noch quietschend die Bahn ins Zentrum der Stadt. Dank der Kulturstiftung der Sparkasse Krefeld aber hat der durch Auto- und Bahnverkehr sehr unruhige Volta Platz seit 1992 ein durch Kunst geprägtes ruhiges Zentrum. Als Geschenk überreichte die Stiftung der Stadt für die wild bewachsene Wiese das rund 6 Meter hohe Objekt »Building from the Inside« von Richard Deacon, das seitdem als Blickfang und regelrecht als städtebauliche Maßnahme dem Platz eine gliedernde Mitte gibt.

Bereits 1989 war Deacon zusammen mit Dan Graham und Thomas Schütte anlässlich des von den Krefelder Kunstmuseen initiierten Projektes »Skulpturen für Krefeld« mit Vorschlägen nach Deutschland gekommen, als dessen Resultat insbesondere sein auch »Doppelohr« genanntes Objekt bis heute Aufmerksamkeit erregt. Deacon selbst hat dabei den bislang wenig strukturierten Standort Voltaplatz für sich und seine Arbeit entdeckt und mit seinem Werk beruhigt. Rein technisch betrachtet handelt es sich bei der gewaltigen und gewölbten Edelstahlplastik um sechs miteinander verschraubte nierenförmige Ringelemente, deren Flanschen deutlich nach außen hin die einzelnen Segmente erkennen lassen. Die Innenwandung des von der Krefelder Firma Wilhelm Schulz nach einem Modell und Zeichnungen des Künstlers gebauten, rund 80 Tonnen schweren Objektes dagegen erscheint glatt, wobei ein Durchblick von einem Ende zum anderen aufgrund der Wölbung der Arbeit nicht möglich ist. Will man also das Objekt in seiner Gesamtheit erleben, sollte es nicht beim Umschreiten bleiben. Vielmehr verleitet die große Skulptur dazu, ihr Inneres zu erforschen, was entsprechend seit 1992 durch rege Skateboard-, Inliner- und auch Graffitinutzung deutliche Spuren der »Veränderung« erkennen lässt.

Deacons in die Stadt horchendes »Building from the inside« fängt in seinem Inneren die Geräusche der Umgebung, ohne sie zu intensivieren. Vielmehr scheint das so technisch und zugleich organisch erscheinende Objekt die Klangkulisse der Stadt bis heute eher zu schlucken. Dabei stellt sich vielleicht die Frage, was das »Doppelohr« wohl so alles an Sinnvollem und weniger Sinnvollem über die Jahre zu hören bekommen hat.

Werkangabe:
Richard Deacon – Building from the Inside, 1992, Edelstahl, gesandstrahlt, Höhe ca. 6 m, Volta Platz in Krefeld

Christian Krausch

Zur weiteren Information:
Nach 23 Jahren wurde eine erste Reinigung der Skulptur im Herbst 2015 vorgenommen. »Das Ohr soll wieder sauber werden« von Chrismie Fehrmann (4. Februar 2015) und »Das große Ohrenputzen« von Gabriele M. Knoll, Westdeutsche Zeitung vom 16. Oktober 2015.
Ein weiterer Artikel von Michaela Plattenteich zur Deacon-Skulptur: »Das Doppelohr lauscht ins Stadtgeschehen«, Westdeutsche Zeitung vom 6. August 2015.