Dante Alighieri, 1964/65 – Aus der Bildungslücke befreit
Das vom Mailänder Künstler Giannino Castiglioni (1884 bis 1971) gefertigte bronzene Standbild des Dante Alighieri vor der Mediothek hat eine bewegte Geschichte. Eigentlich existieren zwei identische Versionen, von denen ein Exemplar bereits 1947 für den Ehrenhof der Biblioteca Ambrosiana in Mailand entstanden ist, genau in dem Jahr, seit dem auch die 1865 gegründete Deutsche Dante-Gesellschaft im Wechsel mit anderen Städten in Krefeld zu Gast ist. 1965 dann erhielt Castiglioni den Auftrag, anlässlich der zehnten Dante-Tagung in Krefeld sowie des 100. Geburtstages der »Deutschen Dante-Gesellschaft« wie auch des 700. Geburtstages des italienischen Poeten (1265 Florenz bis 1321 Ravenna), einen Zweitguss der Statue für den Innenhof der 1962 eröffneten Stadtbücherei zu erstellen, wo bereits 30 Mosaike von Hubertus Brouwer an berühmte »Dichter und Denker« erinnerten. Nach der feierlichen Enthüllung des damals ersten Dante-Denkmals in Deutschland am 17. Oktober 1965 verblieb das Werk dann bis zum Abriss der Bücherei 2006 am angestammten Ort und fand danach zwischenzeitlich einen Platz im Seitenfoyer des Theaters, wo es infolge der Umbauarbeiten nochmals weichen musste. 2009 dann, ein Jahr nach der Eröffnung der Mediothek, wurde die Statue kaum einsehbar in der sogenannten »Bildungslücke« zwischen Mediothek und Theater aufgestellt, aus der sie erst 2013 durch das Engagement von Hans Bungarten (Krefelder Dante-Freunde) sowie des Krefelder Architekten Klaus Reymann worden ist. Seit dem steht die Figur nun auf einem Sockel mit »Signalwirkung für den Verbleib der Dante-Tagung in Krefeld« (Reymann) rund neun Meter von der beengenden Nische entfernt und erinnert weithin sichtbar an die enge Verbindung zwischen Dante und Krefeld.
Der berühmte italienische Dichter, der insbesondere für sein Hauptwerk der »Göttlichen Komödie« bis heute geschätzt wird, zeigt sich in der von Castiglioni geschaffenen Figur in idealisierter Form. Tatsächlich ist bis heute kein authentisches Dante-Porträt bekannt, weshalb sich die Mailänder/Krefelder Version an verschiedenen Vorbildern zu orientieren scheint. Ob für Castiglioni das berühmte Dante Fresko Raffaels (1483 bis 1520) in der »Stanza della Segnatura« im Vatikan maßgeblich gewesen ist, mag dabei letztlich unerheblich sein. Entscheidend ist, dass Dante Alighieri das Geschehen um sich herum auf dem Theaterplatz in Krefeld mit erhobenem Haupt und unberührtem Gesichtsausdruck registriert. Das lässt hoffen.
Werkangabe:
Giannino Castiglioni – Dante Alighieri, 1964/65, Bronze, Höhe ca. 210 cm. Ostseite der Mediothek am Theaterplatz in Krefeld
Christian Krausch
Literatur:
Dr. Hans Bungarten: 50 Jahre Dante in Krefeld. In: »Die Heimat«, Krefelder Jahrbuch, Band 68, 1997, Seite 18 bis 22