Design im FB der Hochschule Niederrhein, Krefeld

Irmgard Stieler, 2 Porzellankannen, reduzierend gebrannt bei 1.250 °C, Transparentglasur, Griff 1 Ebenholz, schwarz, Griff 2 Messing, versilbert, H 23 cm, T 9 cm, B 14,5 cm, 1988/89. © Irmgard Stieler
Irmgard Stieler, 2 Porzellankannen, reduzierend gebrannt bei 1.250 °C, Transparentglasur, Griff 1 Ebenholz, schwarz, Griff 2 Messing, versilbert, H 23 cm, T 9 cm, B 14,5 cm, 1988/89. © Irmgard Stieler

Die heutige Studienrichtung Keramik-/ Porzellan-Design blickt auf eine erst kurze geschichtliche Entwicklung zurück. Im Jahre 1979 findet in Krefeld ein wesentlicher Wandel innerhalb der Studienrichtung Keramik-Design der FH Niederrhein statt. 30 Jahre zuvor, 1949, beruft F. G. Winter – von 1949 bis 1971 Direktor der damaligen »Meisterschule für das gestaltende Handwerk« – den Krefelder Keramiker Paul Dresler (1879 bis 1950) zur Einrichtung einer Keramikklasse. Schon 1 Jahr später übernimmt Hubert Griemert das in der Zwischenzeit in »Werkkunstschule Krefeld« umbenannte Institut. Ihm zur Seite steht Karl-Heinz Modigell als Werkstattmeister der ersten Stunde, der wiederum von 1954 bis 1979 die Keramikklasse führt.« (Ekkart Klinge).

Die Lehrauffassung folgt der Bauhaustradition. Dabei sollen die Studenten sowohl auf industrielle Herstellungsmethoden als auch auf die handwerkliche Herstellung von Gefäßen und Geschirren des täglichen Gebrauchs vorbereitet werden. Die Arbeit an der Töpferscheibe soll Schwerpunkt einer soliden, handwerklichen Ausbildung sein. Im Bereich der industriellen Formgebung lehrt Ernst-August Sundermann, Designer der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Ihm folgt der Designer Wolf Karnagel. Als Fachlehrer arbeiten Horst Goebbels und Dietrich Feller, die keramische Werkstatt führt u.a. Uwe Winkler, später folgt Thomas Kerres, im industriellen Bereich Knut Michalk, in der Schlosserei arbeitet Werner Mertens. »1979 wird Dieter Crumbiegel – Schüler von Fritz Winter (Malerei) und Walter Popp (Keramik) – an die FH Niederrhein berufen, wenig später tritt er die Nachfolge von K.-H. Modigell an. Unterstützt durch die von Crumbiegel benannten Lehrbeauftragten Fritz Vehring und Rudolf Hermann Holst beginnt an der Krefelder Schule eine neue Lehrauffassung, die mit einer ›handwerklichen‹ Ausbildung wenig im Sinn hat. Nicht das Aufarbeiten traditioneller keramischer Formen steht dabei im Mittelpunkt der Lehr- veranstaltungen, sondern die Förderung der StudentInnen zur Entwicklung eigener technischer, gestalterischer und methodischer Realisationsmöglichkeiten auf der Basis des keramischen Werkstoffes. Freie, schöpferische Äußerungen werden angestrebt. Außer mit Ton wird auch mit anderen Materialien oder der Malerei gearbeitet.« (Ekkart Klinge im Katalog »Ausgezeichnet« 2001) Crumbiegel schreibt 1983: »Mein Konzept geht aus vom Gestaltungsprozeß in seinen vielfältigen Möglichkeiten und vom Gestaltungswillen des Studenten.

Ursula Diebel, Relief I, 1985, Ton auf Metall, reduzierend gebrannt, 69 × 41 ×2 cm. © Galerie Schneider und Ursula Diebel, Foto: Martin Poltier, Lörrach (Katalog-Scan)
Ursula Diebel, Relief I, 1985, Ton auf Metall, reduzierend gebrannt, 69 × 41 ×2 cm. © Galerie Schneider und Ursula Diebel, Foto: Martin Poltier, Lörrach (Katalog-Scan)

Ein Gestaltungsprozeß erweist sich dabei als ein komplexer Vorgang, in den Aspekte aus verschiedensten Bereichen einmünden und in einem intelligenten Akt der Synthese und Zugrundelegung künstlerisch-wissenschaftlicher Methodik zu einer Lösungsmöglichkeit von Problemstellungen geführt werden.« Dadurch entsteht eine gewisse, in besonderem Maße fruchtbare Ambivalenz und Spannung zugleich, die sich außerordentlich positiv auf die Ausbildung der selbständigen künstlerischen Tätigkeit der Studenten auswirkt. Mit Unterstützung der Lehrbeauftragten Marlies Seeliger und Carla Düsterhoft hat sich die Studienrichtung im Folgenden immer wieder der Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt, mit Schulausstellungen in Museen und Galerien (u.a. in Leverkusen, Hannover, Hamburg, Krefeld, Frechen) oder mit Ausstellungen selbst organierter Gruppen wie »Ton-Räume« oder »KIK – Keramik in Krefeld«.

In diesen Jahren lehrt in den künstlerischen Grundlagenfächern Prof. Hans-Joachim Albrecht, Studienkollege von Crumbiegel an der Kasseler Akademie und im gleichen Jahr geboren. Die Parallelität der didaktischen Auffassung ergibt für die Studenten ein komplexes Bild der künstlerischen Auffassung. Es kommt zu einer Optimierung der Gesamtsituation, ergänzt unter anderem durch die kunsthistorische Auffassung von Frau Prof. Dr. Roswitha Hirner und dem designtheoretischen Ansatz von Prof. Dr. Rolf Sachsse/Fotografie. In dieser Co-Operation entsteht die sogenannte »Krefelder Schule«, die die Entwicklung der »Modernen Keramik« der 70er und 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts entscheidend mitbeeinflusst – nicht frei von harten Auseinandersetzungen mit Vertretern der traditionellen Auffassung innerhalb der deutschen Keramik-Szene.

Jährliche Ausstellungen (zumeist durch Studiernde organisiert, in denen aber auch die Dozenten gleichermaßen ausstellen), finden in der Shedhalle statt, die seit 1979 wegen der hohen Studentenzahlen als Ausbildungsstätte des Keramik/Porzellan-Designs genutzt wird. Nationale und internationale Wettbewerbe und Ausstellungen werden von den Studenten des Keramik-Designs beschickt, und zunehmend werden Preise, Stipendien und Auszeichnungen von ihnen nach Krefeld geholt. »Was Crumbiegel ›Forschung durch Gestaltung‹ nennt, erweist sich als Chance und Aufforderung, neu zu durchdenken und neu zu formulieren. Die vielen Erfolge der Krefelder StudentInnen auf nationalen und internationalen Ausstellungen und Wettbewerben belegen es eindrucksvoll: Hier wurde und wird Zukunft geschrieben. Hier entstand etwas, was meines Wissens einzigartig ist und in seiner Bedeutung für die deutsche Keramik wohl erst viel später gerecht beurteilt werden kann.« (Prof. Fritz Vehring, Katalog »Ausgezeichnet« 2001) Kurz-Lehraufträge an wichtige Künstler des In-und Auslandes ergänzen das Angebot für die Studenten. 1983 arbeitet Norbert Prangenberg (1949 bis 2012) – damaliger Mies van der Rohe Stipendiat der Kunstmuseen Krefeld – in der Werkstatt des Keramik-Design zum ersten Mal mit dem Werkstoff Ton und sorgt wegen seiner ungewöhnlichen Arbeitsweise für viele Diskussionen unter den StudentInnen. Bis heute ist die keramische Kunst im allgemeinen Bewusstsein eng mit dem Töpferhandwerk verbunden. »Wer gegen dieses Vorurteil antritt, der braucht eine Vision, den Willen zur Veränderung und Leidenschaft. All dies brachte Crumbiegel mit, als er nach Krefeld berufen wurde und setzte damit – der neuen Zeit und seiner Generation entsprechend – die Arbeit seiner Vorgänger fort«. (Prof. Fritz Vehring, Katalog »Ausgezeichnet« 2001).

Insgesamt 14 Namen von Preisträgern der Studienrichtung Keramik-Design weist der Katalog auf, der 2001 die Ausstellung »Ausgezeichnet« begleitete, die zur Verabschiedung von Prof. Crumbiegel aus der aktiven Lehrtätigkeit im gleichen Jahre im »Keramion« Frechen und in der Städtischen Galerie Moers gezeigt wurde (Layout Monika Hagenberg). Heute, im Jahre 2014, setzen einige der ehemaligen StudentInnen diese Intentionen für die Zukunft fort, in dem sie das keramische Material in seinem spezifischen Ausdruck mit einsetzen zur Realisierung ihrer künstlerischen Intentionen u.a. Manfred Emmenegger-Kanzler, Gerhard Hahn, Professor an der HS Niederrhein (Keramik-/Porzellan-/Glasdesign und dreidimensionales Gestalten), Doris Kaiser, Maika Korfmacher, künstlerisch-technische Lehrerin an der Akademie Münster oder Frank Louis, Professor an der Kunstuniversität Linz (plastische Konzeptionen/Keramik). In der Kölner Werkstatt für Bildhauerei von Nils Dietrich, ebenfalls ehemaliger Student der FHN, werden Großprojekte bekannter Künstler und Künstlerinnen realisiert (u.a. Richard Deacon, Isa Genzken, Norbert Prangenberg, Thomas Schütte und Rosemarie Trockel).

Dieter Crumbiegel

Literatur:
Katalog: »Ausgezeichnet – 1984-2000«, Keramion Frechen und Städtische Galerie Peschkenhaus Moers
Katalog: »Keramik an europäischen Hochschulen – 13 Porträts« Saarländisches Künstlerhaus, Saarbrücken, 2000