Jazz-Szene in Krefeld: Jazzkeller – Jazzklub – jazzattack – »Jazz an einem Sommerabend«

Frederik Köster, Trompete, im Jazzkeller Krefeld. Foto: Jazzkeller GbR
Frederik Köster, Trompete, im Jazzkeller Krefeld. Foto: Jazzkeller GbR

Der Jazzkeller auf der Lohstraße ist der zweitälteste Live-Jazz-Ort in Deutschland. 2008 erschien das Jubiläumsbilderbuch zum 50. Bestehen des Jazzkellers, das die unglaubliche Vielfalt des lebendigen Jazz, der im Jazzkeller zu hören war, dokumentiert.

Musiker aller Stilrichtungen begeisterten das Publikum. Nach der lebendigen Unterhaltung durch den Dixieland fand ein bemerkenswerter Aufbruch hin zu Free Jazz, Fusion, Ethno-Jazz statt, und die berühmten und weltberühmten Musiker sind kaum aufzuzählen, die vom Jazzklub in die Stadt geholt wurden.

Der Jazzklub wurde am 9. Februar 1979 gegründet und umfasst zurzeit 320 Mitglieder aller Altersklassen. Diese Lebendigkeit, die sich in jenen »Aufbruchstagen« auch als gesellschaftlicher Aufbruch repräsentierte, war und ist deutlich zu spüren. Daher kamen die weltberühmten Musiker. Sie waren alle da, um nur einige zu nennen: Ali Haurand, Lee Konitz, Aki Takase, Manfred Schoof, Klaus Doldinger, Markus Stockhausen, Dave Holland, Barbara Dennerlein, Jasper van’t Hof, Kenny Wheeler, Wolfgang Dauner, Al Grey uva. Immer wieder Neues erklingt im Keller!

Jazz an einem Sommerabend, 2014, Burg Linn. Foto: Ralf Janowski
Jazz an einem Sommerabend, 2014, Burg Linn. Foto: Ralf Janowski

Albert Mangelsdorff kam zum 40. Geburtstag im November 1998 in den Jazzkeller nach Krefeld. Zusammen mit dem »Percussion Orchestra« begeisterte er das Publikum. Die Posaunenphantasien seiner Improvisationskunst wurden ergänzt und erweitert durch die Musiker Djamchid Chemirani auf der Zarb, einem traditionellen Instrument aus dem Iran, von M. Balasubramoniam auf einer südindischen beidseitig bespielbaren Trommel und Reto Weber, Percussion – dazu gehörte auch die afrikanische Djembe und die Wassertrommel afrikanischer Frauen sowie die Steel Drum Trinidads. Das Zusammenwirken der Percussionisten entwickelte immer neue rhythmische Patterns, polymetrisch, polyrhythmisch verzahnt, es erzeugte weltmusikartigen Drive. Dieses Konzert mit dem international bekannten Posaunisten und seinem Percussionsensemble war nur eines der Konzerte im Jazz-Keller, die einen Spiegel der jeweils aktuellen Jazz-Szene repräsentierten und noch repräsentieren.

In der Zusammenarbeit mit dem Jazzklub gelingen eine Fülle von weit wirkenden und nachhaltig erinnerten Konzerten. Dabei wird die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen in Krefeld, wie z.B. mit den Museen Haus Lange und Haus Esters oder dem Theater Krefeld/Mönchengladbach intensiviert.

Ergänzt werden diese durch die sommerlichen Jazz-Abende auf Burg Linn: »Jazz an einem Sommerabend«, die in 2014 ihr 30jähriges Jubiläum feiern. Mike Stern und Bob Berg lockten im Juli 1991 die Zuhörer in Scharen nach Linn. Im »Opening« überzeugten vier Studenten der Kölner Musikhochschule mit Saxophon, Piano, Bass und Schlagzeug. Das »Prague Super Quartet« zeigte eine faszinierende Flötenklangaktion. Jiri Stivin bläst alles, was eine Flöte ist, Spielwitz und Spielfreude begeisterten. Dann die Hauptattraktion des »Jazz an einem Sommerabend«: Bob Berg, Saxophon und Mike Stern, Gitarre wurden begleitet von Lincoln Goines, Bass und Dennis Chambers, Schlagzeug. Sie boten ein Feuerwerk improvisatorischer Gedanken, die rockig zum Mitbewegen animierten und dann im nächsten Stück einen swingenden Drive erzeugten. Spannung bis zuletzt. Dämmerung, Licht der Scheinwerfer in den Blättern!

Jazz an einem Sommerabend, 2014, Burg Linn. Foto: Ralf Janowski
Jazz an einem Sommerabend, 2014, Burg Linn. Foto: Ralf Janowski

So gab »Jazz an einem Sommerabend« auf Burg Linn 1999 auch unterschiedliche Antworten auf die Frage »Was ist Jazz?« Das Maha Bijlsma Quintett aus den Niederlanden spielte vertraute Klangformen, die Songs der Sängerin waren durch ihre Stimme in eine dunkle Farbe getaucht. Zuletzt wandte sich der Blick des Jazz nach Osten: Aus Russland kam das »Moscow Art Trio«, dissonantes Spiel, das Waldhorn als Rhythmusgeber, filigrane Dissonanzen gaben eine neue Antwort auf die Frage: »Was ist Jazz?«.

»jazzattack« wurde 1997 von Axel Fischbacher und Stefan Rademacher gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine musikalische Denk- und Spielfabrik für den zeitgenössischen Jazz herzustellen. Veranstaltet wird sie vom Jazzklub Krefeld e.V. und vom Jazzkeller Krefeld. Die »jazzattack« ist eine Konzertreihe, die zweimal im Monat (in den ersten Jahren auch wöchentlich) stattfindet. Fischbacher & Rademacher laden renommierte Musiker der rheinischen und in steigendem Maße auch nationalen und internationalen Jazzszene ein. Mit nur kurzer Vorbereitung werden Konzerte gespielt, bei denen spontanes Zusammenspiel und Kreativität im Vordergrund stehen. Musikalisch haben sie stets ein hohes Niveau. Die Reihe »jazzattack« ist eine der am längsten bestehenden dieser Art in Deutschland. Sie hat einen festen Stellenwert in der rheinischen Jazzszene. Im Dezember 2014 wird das Jubiläum der 300sten »jazzattack« gefeiert.

Im Jazzkeller finden immer wieder Konzerte statt, die auch zu Sessions mit Krefelder Jazz-Musikern einladen, seien sie mehr professionell oder jazzbegeisterte Hobby-Musiker.

Ute Büchter-Römer

Weitere Informationen:
Günter »Fongi« Holthoff und Mojo Mendiola: »50 Jahre Jazzkeller Krefeld 1958 bis 2008». Leporello-Verlag, Krefeld, 2008
Klaus M. Schmidt: »25 Jahre Jazzclub Krefeld (JKK)«: In: »Die Heimat«, Krefelder Jahrbuch, Band 75, 2004, Seite 138 ff.
Der Jazzklub Krefeld e.V.