Das Bandoneon-Festival in Krefeld
»Eines Tages wirst du mich lieben«, schluchzt der Sänger, und der kleine Weg, der an seine Liebe erinnert, führt in die Einsamkeit. Das Bandoneon kennt den Schmerz.
Als der Krefelder Heinrich Band (1821 bis 1860), Sohn eines Seidenwebers und Musikers, aus der Konzertina das Bandoneon entwickelte, konnte er nicht ahnen, dass dieses Instrument zum Inbegriff des Klanges von Einsamkeit, Sehnsucht und Verlorenheit werden würde, wie es die Einwanderer aus allen Ländern in Buenos Aires empfanden.
Die ungefähr seit 1830 in Chemnitz gebaute Konzertina gelangte zu Heinrich Band nach Krefeld, dessen Vater Peter Band 1838 eine Musikalienhandlung eröffnet hatte. 1842 übernahm der Sohn das Geschäft. Er verändert an der Konzertina die Zuordnung von Tasten und Tönen, das neue Schema nennt man später »rheinische Tastatur«. Zusätzlich erweitert er die Anzahl der Tasten. Beides soll dazu dienen, das Instrument umfassender einsetzen zu können. Schließlich benennt er das Instrument um und fixiert den neuen Namen als Blechschild über der Luftklappe des Instruments.
Das Bandoneon wird zum »Klavier des kleinen Mannes«, in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts erfährt das Bandoneon seine größte Beliebtheit. Man saß zum Beispiel im Ruhrgebiet abends in der Kneipe zusammen und spielte die eigene beliebte Musik gegen die Alltagserfahrung. Oft sind die Bandoneon-Spieler in Vereinen organisiert.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts strandete das Bandoneon mit seinem Besitzer, sei es ein Matrose, sei es ein deutscher Einwanderer, in Argentinien. Durch das Instrument beginnt der Tango zu leben. »Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann!« Er entwickelt sich zum Ausdruck argentinischer Identität.
Das Bandoneonfestival in Krefeld wurde 1985 vom Kulturamt der Stadt Krefeld unter seinem damaligen Leiter Helmut Kauert ins Leben gerufen. Begleitend zeigt man eine Ausstellung verschiedener Instrumente. 1996 wurde das Festival zum zweiten Mal initiiert, seitdem findet es alle zwei Jahre statt.
Das Bandoneon als Ausdruck von Trauer und Melancholie findet sich in der Musik von Luis di Matteo, einem in Uruguay und Argentinien bekannten Tanguero. In seinem Stück »Un dia di mi vita« – in Krefeld aufgeführt 1998 – knüpft er an den Tango in der Bocca an und holt ihn, wie es zuvor schon Astor Piazzolla gelang, in die Konzertsäle. Ein eindringlich emotionales Konzert im Rahmen des Bandoneons-Festivals, das jene Trauer spüren lässt.
Ebenfalls während des Festivals 1998 musizierte das »Le Garnd Orchestra Tipica Veritango di Alfredo Marcucci« aus Argentinien in der Kufa. Marcucci improvisiert und kostet die Klangfülle seines Bandoneons voll aus, zusammen mit den Musikerinnen und Musikern seines Orchesters zelebriert er die empfundenen Geschichten der Gestrandeten. »La Cumparsita« durfte nicht fehlen, ebenso wie der Brückenschlag zu Astor Piazzolla, der in den 1950er Jahren in Paris bei Nadja Boulanger studierte und von ihr auf seinem Weg, den Tango in die Konzertsäle zu bringen, bestärkt wurde.
Unter dem Titel: »Krefeld. Band. Bandoneon« fand im Museum Burg Linn vom 30. September 2012 bis zum 27. Januar 2013 eine Ausstellung zur Geschichte des Bandoneons statt, initiert von Jürgen Sauerland-Freer, Leiter des im Jahr 2000 aus dem Kulturamt hervorgegangen Kulturbüro Krefelds. Kuratiert wurde die Ausstellung von Klaus Schmidt-Hertzler, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Kulturbüros. Als Ko-Kuratorin war Dr. Janine Krüger für den Bereich Tango zuständig.
Das Bandoneon des Heinrich Band findet durch die Musik auf beeindruckende Weise immer wieder zurück nach Krefeld. Am Nordeingang des Hansa-Zentrums findet sich die Figurengruppe »Bandoneonspieler«, darüber hinaus gibt es in Krefeld »nur« noch einen »Heinrich-Band-Weg«, der eine Assoziation an das Bandoneon ermöglicht.
Ute Büchter-Römer
Eine umfassende Darstellung zur Geschichte des Bandoneons ist im Zusammenhang mit der Ausstellung (2012 bis 2013) im Museum Burg Linn in Vorbereitung.
Weitere Informationen:
Krefelder Stadtportal: Das Bandoneon-Festival
Im Portal »Rheinische Geschichte«: »Heinrich Band (1821 bis 1860), Instrumentenhändler und Erfinder des Bandonions« von Klaus Schmidt-Hertzler
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