Zur Ausstellungsgeschichte der Krefelder Kunstmuseen
»Daß Kunstgewerbe sich auf Kunst von gestern stützte, war das Dilemma«, schreibt Paul Wember in seinem Beitrag über das Kaiser Wilhelm Museum (in: Krefelder Studien 1, S. 267 ff). Gerade jene Vorbildfunktion, auf die Gründungsdirektor Friedrich Deneken in seinem museumspädagogischen Konzept setzte, erwies sich mittelfristig als Fessel: Wie konnte aus einem Museum, das überwiegend der Vergangenheit huldigte, ein Museum für die Lebenden werden? Freilich sah Deneken ein, dass »nicht endlos die Werke der Väter wiederholt« werden dürften, und pflegte die Gegenwartskunst (von Kalkreuth, Thoma). Werke der Avantgarde aber (Gauguin, Cezanne und van Gogh, Munch, Hodler und Modersohn-Becker) hielt er nicht für »reine Kunst«.
So dauerte es 13 Jahre, bis nach der Ausstellung französischer Impressionisten im Jahr 1907 Brücke-Künstler wie Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Otto Müller im Museum am Karlsplatz neben Werken von Vertretern der Künstlervereinigung »Blauer Reiter« wie Franz Marc und Heinrich Campendonk zu sehen waren. Ihre Krefelder Premiere erlebten damals auch die rheinischen Expressionisten Heinrich Nauen und August Macke. Verantwortlich für die Ausstellung zeichnete erstmals der Museumsverein. Das Kunstschaffen der letzten 15 Jahre wolle man nachholen, lies der Katalogtext vorwurfsvoll in Richtung Deneken vernehmen. Im gleichen Jahr gründete sich auch der Verein Neue Kunst unter August Hoff, der weiter für frischen Wind sorgte und »Neue Krefelder Künstler« präsentierte: Bertlings, Campendonk, Diekmann, Huhnen, Kamps, Helmut Macke und Heinrich Nauen. Mit der Ausstellung »Alte Crefelder Künstler« konterte Deneken. Der Verein Neue Kunst wartete mit einer Gedächtnisausstellung für die beiden im 1. Weltkrieg gefallenen expressionistischen Maler August Macke und Wilhelm Morgner auf.
Als Friedrich Deneken 1922 nach einem Vierteljahrhundert prägender Museumsarbeit in den Ruhestand ging, folgte ihm Dr. Max Creutz. Obwohl der neue Direktor vom Kölner Kunstgewerbemuseum kam und die Goldschmiedekunst sein Spezialgebiet war, hatte er Augen für die zeitgenössische Avantgarde. Mit Künstlern der »Brücke« und des »Blauen Reiters«, deren Werke er ankaufte, pflegte er regen Austausch. Jawlensky zählte zu seinen engen Freunden wie auch der De Stijl-Gründer Mondrian. Creutz kämpfte mit den Folgen des verlorenen Krieges wie Depression und Geldentwertung. Die Bilanz seiner ersten beiden Jahre atmet die allgemeine Misere jener Jahre: »Es stellten (in Gruppenausstellungen) 41 Künstler aus, 3 Fachklassen. Verkauft wurde für drei Milliarden Mark.« In den neuneinhalb Jahren seiner Amtszeit lassen sich, nach Wember wohl den erschwerten Bedingungen zufolge, nur 19 Ausstellungen nachweisen. Die erste große Schau war im Sommer 1924 August Macke gewidmet. 1926 gruppierten sich um eine Tagung des Deutschen Werkbundes mehrere Ausstellungen. Der »Farbe« war die wichtigste Ausstellung im Jahr 1928 gewidmet: Die bedeutendsten französischen Impressionisten, Fauves und Kubisten gaben sich ein Stelldichein. Allein von Kandinsky waren 20 Werke zu sehen.
Kunst-Ausstellungen 1937 bis 1943
Der Reichsadler mit Hakenkreuz erschien auf allen Einladungskarten. Muthmanns wichtigste Ausstellung war nach Einschätzung Paul Wembers »Deutsche Landschaft und Städte in der niederländischen Kunst des 16. bis 18. Jahrhunderts«. Daraus blieb das Gemälde »Park des Herzogs von Nassau in Kleve« von Anthoni van Borrsom in der Sammlung. Den Bühnenentwürfen Fritz Huhnens galt die letzte Ausstellung vor seinem Kriegsdienst. Mit der Schau »Vorn – Bilder von der Front« aus Anlass der Gaukulturwoche der NSDAP startete Muthmann 1937. Im gleichen Jahr ließ der erklärte Musikliebhaber die Ausstellung »Musikleben in Vergangenheit und Gegenwart« folgen. Viel »Deutsche Kunst«, so Wember, wurde Muthmann im genau 12 Jahre währenden Tausendjährigen Reich wohl aufgezwungen. Etwa die Ausstellungen »Deutsche Bildhauer« mit einer Hitler-Bronze im Mittelpunkt, »Deutsche Werkkunst« und »Die Kunst der Front« (1941). Muthmann plante eine Gemälde-Galerie zum Thema »Samt und Seide«. Da gerade die später restituierten französischen Ankäufe deren Grundstock bilden sollten, blieb letztlich wenig davon übrig.
Weitere Informationen:
Beate Kempfert: »Der nationalsozialistische Bildersturz im KWM 1937–1943« in: »Die Heimat«, Krefelder Jahrbuch Bd. 58, 1987, Seiten 86–91
Katalog zur Ausstellung »Entartete Kunst« im Bestand der Bibliothek der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer.
Irmgard Bernrieder