Auszug aus dem Text »Design an der Fachhochschule von 1971 bis 2004« von Prof. Dr. Roswitha Hirner aus dem Jahr 2004 zur Ausstellung »Staffellauf« im Kaiser Wilhelm Museum.

Buchtitel Fantasto: Ästhetisches Spiel- und Anregungsmaterial für Behinderte. Autoren: © H. Rahmen und R. Lennartz-Pasch Erstveröffentlichung: 1989 Auszüge aus einem Forschungsprojekt
Buchtitel Fantasto: Ästhetisches Spiel- und Anregungsmaterial für Behinderte. Autoren: © H. Rahmen und R. Lennartz-Pasch Erstveröffentlichung: 1989 Auszüge aus einem Forschungsprojekt

1971 verlor die Werkkunstschule ihre Autonomie und wurde unter dem Namen Fachbereich Design als einer von acht Fachbereichen in die Fachhochschule Niederrhein eingegliedert. Die Trägerschaft ging von der Stadt Krefeld an das Land Nordrhein-Westfalen über, die Zuständigkeit liegt seitdem beim Ministerium für Wissenschaft und Forschung. Gewiss war der neue Name für die ehemalige Werkkunstschule wiederum nicht glücklich gewählt. Einmal war der Streit um die Definition des Begriffs, der zwar längst international gebräuchlich war, noch immer nicht beendet, zum anderen fand er bei der Bevölkerung keinen Anklang. So blieb der Fachbereich Design der Fachhochschule Niederrein im Bewusstsein der Krefelder weiterhin – bei den älteren bis heute – die »WKS«. (…)

Eine der wichtigsten Neuregelungen, die das Ministerium für Wissenschaft und Forschung vornahm, war die Konzentration einzelner Studienschwerpunkte an bestimmten Fachbereichen des Designs in Nordrhein-Westfalen. Zunächst wurden schon 1971 die Abteilungen Architektur und Innenarchitektur nach Düsseldorf verlegt, wo sie seitdem einen eigenen Fachbereich in der dortigen Fachhochschule bilden. Vorkämpfer für diesen Umzug waren die Architektenlehrer selbst. Ebenso »wegkonzentriert« wurden die Industrial-Designer, die 1979 mit ihrem Studienbereich ganz nach Essen versetzt wurden. In Krefeld verblieben schließlich Grafik-Design, Keramik-/Porzellan-Design, Objekt-Design und Textil-Design, das anstelle von Industrial-Design seit 1976 neu aufgebaut wurde. (…) Die vier genannten Schwerpunkte, die bis heute im Fachbereich Design zusammengefasst sind, haben seit 1971 eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Zunächst haben sie sich alle stark vergrößert. Dies gilt einmal für die Studentenzahl, die 1972, nach Auszug der Architekten, um mehr als die Hälfte auf 180 Studierende geschrumpft war. Heute (im Jahr 2004 Anm. d. Red.) beläuft sich die Zahl der Studierenden auf etwa 600. Dies gilt auch für Einrichtungen und Geräte und schließlich für die Räumlichkeiten, die dem Fachbereich heute zur Verfügung stehen.

Beate Kratzenstein, Teller, 1986, Porzellan, bei 1.230 °C gebrannt, Durchmesser 28 cm, Höhe 5 cm. Foto: Johannes Trittien
Beate Kratzenstein, Teller, 1986, Porzellan, bei 1.230 °C gebrannt, Durchmesser 28 cm, Höhe 5 cm. Foto: Johannes Trittien

Es war vor allem der Studienschwerpunkt Keramik-/Porzellan-Design, der sich in den 1970er Jahren (…) stark vergrößerte (1983 war mit 187 Studierenden die Höchstzahl erreicht) und neue Räumlichkeiten benötigte. Das traditionelle Gebäude auf der Petersstraße reichte nicht mehr aus, und so zog dieser Schwerpunkt zusammen mit dem Textil-Design 1978 in das Gebäude der ehemaligen Textil-Ingenieur-Schule am Frankenring. Vor allem die Shedhalle des Gebäudekomplexes wurde als Werkstatt- und Laborbereich für die beiden Schwerpunkte ausgebaut. Der Fachbereich war über diese räumliche Trennung nie glücklich, da sie die notwendige Kommunikation der einzelnen Studienbereiche untereinander (…) sehr erschwert. (…) Keramik-/Porzellan- Design, seit 2002 um den Bereich Glas-Design erweitert, ist heute (im Jahr 2004 Anm. d. Red.) mit etwa 30 Studierenden der kleinste Studienschwerpunkt. Nach Prof. Karl-Heinz Modigell betreute Prof. Dieter Crumbiegel von 1980 bis 2001 die Keramik-Abteilung, Prof. Ernst-August Sunderman unterrichtete von 1979 bis 1990 im Porzellan-Bereich. Im Jahr 2002 wurde Gerhard Hahn als Professor für Keramik-/Porzellan-/Glas-Design berufen. Seit dem Auszug der Architektur-Abteilung 1971 ist der Schwerpunkt Grafik-Design der größte des Fachbereichs. 1997 wurde er in Kommunikations-Design umbenannt, eine inzwischen üblich gewordene Bezeichnung. Diesem Schwerpunkt gehören heute rund 250 Studierende an. Nachfolgerin für Prof. Wolfgang Slansky wurde 1991 Prof. Monika Hagenberg.

Objekt-Design, zunächst ein relativ kleiner Studienschwerpunkt, hat sich in den letzten Jahren immer mehr (…) vergrößert. Von 1978 bis 1999 unterrichtete Prof. Günther Dohr neben Prof. Günther Kirchberger (bis 1993) diesen Bereich. Die Professoren Boris Gorin (seit 1995) und Bernd Grahl (seit 2001) vertreten das Objekt-Design heute. Im Studienschwerpunkt Textil-Design sind heute (im Jahr 2004 Anm. d. Red.) etwa 80 Studierende eingeschrieben. Nach 28 Jahren ist dieser Schwerpunkt längst im Fachbereich integriert, den Professoren Hahn und Bickerich folgten Prof. Georg Wagner (1990) und Prof. Angelika Rösner (1991). Leider war dem Bereich Fotografie, der kurzzeitig (von 1971 bis1973) unter der Leitung von Prof. Detlef Orlopp als eigener Schwerpunkt geführt wurde, kein langes Eigenleben beschieden. Laut ministeriellem Erlass wurde dieses Fach wieder zum Grundlagenfach für die übrigen Schwerpunkte, wurden jedoch mit Prof. Dr. Rolf Sachsse als zweitem Lehrer für Fotografie seit 1985 erweitert. (…) Die bedeutsamste Entwicklung seit 1971 vollzog sich jedoch in den Studieninhalten.

Johanna Gunkel, Drachenhocker. Entwurf, 1989, 55 × 57 × 57 cm, Stahl, Schaumstoff, gefärbte Baumwolle. Foto: Marcus Michalak
Johanna Gunkel, Drachenhocker. Entwurf, 1989, 55 × 57 × 57 cm, Stahl, Schaumstoff, gefärbte Baumwolle. Foto: Marcus Michalak

Seit dieser Zeit arbeiten die Studierenden nach einem allgemeinen Grundlagenstudium mit den zentralen Anliegen der Gestaltungslehre und des Zeichnens und dem Erwerb handwerklicher Fähigkeiten an Projekten. Sie bestehen in komplexen, praxisnahen Aufgaben, bei deren Lösungen das bereits erlernte Wissen und Können angewandt werden soll. So ist die Ausbildung am Fachbereich Design eingespannt zwischen allgemeinen künstlerischen Grundlagen und den Erfordernissen einer beruflichen Praxis. (…)

Die Projekte (…) richten sich im Kommunikations-Design auf die Gestaltung unterschiedlichster Mittel für Aktionen gezielter öffentlicher Kommunikation. Im Produkt-Design geht es um die Gestaltung von industriellen Serienprodukten, aber auch von Unikaten und Kleinserien, die für ganz bestimmte Zielpersonen oder Zielgruppen konzipiert werden. Seit den 80er Jahren wird der Einsatz neuer Medien in jeder Art der Gestaltung mehr und mehr selbstverständlich. (…) War zu Beginn der Fachhochschule eine Spezialisierung der einzelnen Design-Bereiche angestrebt, so lässt sich in den letzten Jahren eine gegenläufige Entwicklung feststellen. Es sind vor allem die Studierenden selbst, die das breite Lehrangebot der einzelnen Schwerpunkte möglichst umfassend für sich nutzen. Auf diese Weise ist es für die diplomierten Designer eher möglich, auf dem schwierigen Arbeitsmarkt eine berufliche Nische zu finden. Diese Tendenz wurde 2001, nachdem der Fachbereich um den Erhalt des Schwerpunkts Kommunikations-Design kämpfen musste, von ministerieller Seite dadurch unterstützt, dass alle Design-Schwerpunkte zu einem einheitlichen Studiengang organisatorisch zusammengefasst wurden. (…)

Kampagne für die Blutbank, um 1993. © Horst Klein
Kampagne für die Blutbank, um 1993. © Horst Klein

Seit 1971 ist das Selbstverständnis des Fachbereichs Design und damit das Vertrauen in das eigene Tun zunehmend gewachsen. Eine erste Bilanz der Selbstfindung wurde 1977 gezogen, als ihm die Möglichkeit gegeben wurde, sich im Krefelder Museum Haus Lange der Öffentlichkeit zu präsentieren. Aus allen Studienbereichen und quer durch alle Semester wurden Studentenarbeiten mit vielfältiger Thematik gezeigt. Schon damals wurde offenbar, dass die Arbeiten kein einheitliches Gesicht zeigten und keine einheitliche Richtung aufwiesen, sondern dass sie bei aller individueller, überzeugender Leistung heterogen waren. Auch die immer wieder ausgerichteten Tage der offenen Tür, erstmals 1979 anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des Fachbereiches, sowie die Ausstellung »Luftschlösser und U-Boote« zum 90-jährigen Jubiläum 1994 bestätigten, dass das »Design in Krefeld« oder das »Design von Krefeld aus« Spiegelbild unserer Gesellschaft ist. (…) Der Fachbereich Design mit seinen Vorgänger-Einrichtungen hat und hatte in den vergangenen 100 Jahren viele hervorragende Künstler- und Lehrer-Persönlichkeiten. Sie kamen, und die meisten gingen längst wieder, und mit ihnen verschwanden auch ihre eigenen gestalterischen Arbeiten. (…) Dass aus der Schau der Arbeiten der Lehrenden (im Kaiser Wilhelm Museum, Anm. d. Red.) gleichzeitig ein Spiegelbild der letzten hundert Jahre geworden ist, zeigt die Stärke und die Kraft dieser Lehrer- Persönlichkeiten, die damals wie heute wegweisend wirken.

Roswitha Hirner

Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung der Autorin aus dem Katalog der Ausstellung »Staffellauf – 1904 bis 2004 Design von Krefeld aus« im Kaiser Wilhelm Museum Krefeld 2004 entnommen. Seite 177 bis 181: »Design an der Fachhochschule von 1971 bis 2004«.

Weitere Informationen:
Über die Fachrichtung Keramik-Design ab 1979