Pressekonferenz zur Werkhaus-Eröffnung, Juni 1984. V.l.n.r.: im Hintergrund Marion Seidel, vorne: Rudi Löhr, Birgid Anders, Monika Vehreschild und Peter Wirtz. Foto: Werkhaus-Archiv
Pressekonferenz zur Werkhaus-Eröffnung, Juni 1984. V.l.n.r.: im Hintergrund Marion Seidel, vorne: Rudi Löhr, Birgid Anders, Monika Vehreschild und Peter Wirtz. Foto: Werkhaus-Archiv

Was im März 1984 mit der Gründung des Werkhaus e.V. seinen Anfang nahm, ist heute eine Institution mit drei Standorten, die in ihren Ausrichtungen und in ihrer inhaltlichen Arbeit einen besonderen Stellenwert in Krefeld hat.

Als Kinder der Zeit realisierten engagierte Menschen 1984 in eigener Verantwortung, mit Mut und Entschlossenheit einen Traum selbstbestimmtem städtischen Lebens abseits der »etablierten« Strukturen. Die jungen Künstler, Designer und Pädagogen fanden, dass in Krefeld zu wenig los sei, gemessen an anderen (Universitäts-) Städten wie Düsseldorf, Köln oder Münster.

Auf der Blücherstraße 11–13, der ehemaligen Verpackungsfirma Erwin Behn, wurden Räumlichkeiten in der Größe von 540 m² in Eigenleistung und auf eigene Kosten renoviert und umgebaut, die auch heute noch Standort der Vereinsarbeit sind.

Aktion »Giganten-&-Gnome«, 1990 im SpieDie. Foto: Werkhaus-Archiv
Aktion »Giganten-&-Gnome«, 1990 im SpieDie. Foto: Werkhaus-Archiv

Mit Eröffnung des Werkhauses auf der Blücherstraße am 1. September 1984 wurden ein kulturpädagogisches Weiterbildungswerk, die Jugendkunstschule und eine Kleinkunstbühne in Krefeld lebendig und zum festen Bestandteil der selbstorganisierten Kulturszene in der Stadt. In der ersten Zeit wurden die Angebote durch die Vereinsmitglieder selbst durchgeführt oder auf eigene Rechnung Künstler verpflichtet. Zuschüsse gab es zunächst nicht.

In den folgenden Jahren gelang es den Engagierten im Werkhaus, trotz schwieriger politischer wie finanzieller Rahmenbedingungen, nicht nur die wirtschaftliche Basis zu erhalten und weiter zu entwickeln, sondern sie setzten sozialgesellschaftliche wie kulturelle Akzente über die Kernarbeitsgebiete hinaus.

1985 und 1986 wurden für die Stadt Krefeld und mit ihr die ersten »Krefelder Straßentheatertage« organisiert, regelmäßig die »Krefelder Frauenkulturtage« veranstaltet und auch die Kulturrunde »Die Dritten« mitbegründet.

Peter Wirtz und Monika Vehreschild, die auch jetzt noch Vorstandssprecherin des Werkhaus e.V. ist, stehen namentlich für diese intensive Zeit kultureller und sozialer Aufbruchstimmung und der Gründung von vielen soziokulturellen Zentren, wie z.B. der KuFa und dem Werkhaus in Krefeld, dem ZAKK in Düsseldorf oder auch der Zeche Carl in Essen.

Ein wichtiger Bestandteil des Werkhauses ist die Kinder- und Jugendarbeit, die neben der Jugendkunstschule vorrangig in offener Quartiersarbeit auf dem Gelände des »SpieDie« (Spielhaus Dießem) an der Dießemer Straße 89–93 geleistet wird.

Aktionstag auf dem Neumarkt für Personalstellen beim Werkhaus, 1987. Foto: Werkhaus-Archiv
Aktionstag auf dem Neumarkt für Personalstellen beim Werkhaus, 1987. Foto: Werkhaus-Archiv

Schon schnell nach der Aufnahme der Arbeit an der Blücherstraße zeigte sich ein großer Bedarf an Angeboten für die Kinder aus dem Viertel, die keine Kursgebühren zahlen konnten. Diese »offenen« Angebote wurden im Laufe der Zeit immer weiter ausgeweitet von wöchentlichen zu täglichen Angeboten, bis die Räumlichkeiten an der Blücherstraße aus allen Nähten platzten. So war der Werkhaus e.V. froh, auf dem Platz an der Dießemerstraße die Möglichkeiten für die Herrichtung von Räumlichkeiten für die offene Arbeit zu finden. Auch hier wieder wurde in Eigeninitiative und Eigenfinanzierung auf brach liegendem städtischen Gelände zwischen 1989 und 1998 in unterschiedlichen Abschnitten die heutige »Offene Einrichtung« für Kinder und Jugendliche des Quartiers mit Küche, Café, verschiedenen Arbeitsräumen und einer Mehrzweckhalle auf einem Spielplatz verwirklicht – ein Identifikationsort für mittlerweile mehrere Generationen im Stadtteil Cracau.

Existenzielle Bedrohungen, von denen kein soziokulturelles Zentrum bis heute verschont bleibt, waren 1987, 1993, 2000 oder letztmalig 2010, durch die Teilstilllegung der Blücherstraße wegen veränderter Brandschutzverordnungen, für das Werkhaus besonderes gravierend, konnten jedoch immer wieder abgewendet werden.

Den Abschluss der kleinen Chronik bildet die Übernahme der Trägerschaft des Südbahnhof auf der Saumstraße im Dezember 2008 zur Entwicklung eines interkulturellen und generationsübergreifenden Kulturzentrums und damit die Bestandssicherung der Kulturdenkmals »Crefelder Südbahnhof« (Baujahr 1908).

Seit 2010, nach 1½ Jahren Sanierungs- und Umbaumaßnahmen, arbeitet das Werkhaus nun auch im Südbahnhof und entwickelt das Kulturzentrum zu einem zentralen Kulturort nahe der Krefelder Innenstadt.

Georg Dammer

Die Werkbühne des Werkhaus e.V.

Möglich ist, dass die Gründerinnen und Gründer des Werkhaus-Vereins (1984) den Beuys-Satz berücksichtigten, der da meint, in jedem Menschen stecke ein Künstler. Jedenfalls konzipierten sie die Möglichkeit, die in Kursen und Projekten erlernten Fähigkeiten, also das erarbeitete Werk, einem breiteren Publikum präsentieren zu können. Auch sollten Werke von Gastkünstlern auf der Bühne im Werkhaus aufgeführt werden können, um dem Zuschauer Anregungen, Perspektiven und neue Aspekte bieten zu können.

Dieser Ansatz führte beispielsweise dazu, dass Linda Lehrhaupt, eine der ersten Tai Chi Referentinnen im Land, eine abendfüllende Vorstellung darbot und nach geraumer Zeit Kursteilnehmer eine Tai Chi Werkschau zeigten. Afrikanisch trommelte in Krefeld kaum jemand. Klaus Hackspiel brachte es vielen bei, die dann z.T. als Multiplikatoren in Schulen etc. agierten. Anregungen konnten sich Besucher der völlig ausverkauften Werkhaus-Vorstellung beim Konzert des ghanaischen Masterdrummers Adja Addy holen. Legendär waren auch die ein bis zwei Mal jährlich stattfindenden Werkschauen im völlig überfüllten Haus auf der Blücherstraße. Kursleiterinnen und Kursteilnehmer zeigten in abendfüllenden Veranstaltungen ihr Können. Orientalischer Tanz (Bauchtanz), Flamenco, Samba, Modern Dance, Trommeln, Didgeridoo, Chor- und Obertongesang, Theater, Kabarett und Wortbeiträge wurden an solchen Abenden geboten. Ganz anders die von der Werkbühne organisierten Filmtage im Kino auf der Lewerenzstraße. Gezeigt wurden ausgewählte Werke des Krefelder Regisseur und Filmemacher Hans Noever (z.B. »Die Frau gegenüber«). Später drehte Noever u.a. auch Tatortfilme.

Krefelder Straßenkulturtage, 1986. Foto: Werkhaus-Archiv
Krefelder Straßenkulturtage, 1986. Foto: Werkhaus-Archiv

Manchmal fanden Werkschauen auch auf der Straße statt. Bunt und lustig auf der gesperrten Blücherstraße als Straßenfest oder eher mit ernstem Hintergrund als Protestaktion für eine Förderung auf dem Neumarkt. Förderung gab es zu Anfang der Werkbühnenarbeit nicht. Hin und wieder wurden Projektgelder akquiriert. Dadurch konnten dann die ersten großen Events durchgeführt werden. So 1985 das Projekt »Begegnung mit den Niederlanden« oder die »Krefelder Straßentheatertage« 1986 bei denen halb Krefeld zur farbig-bunten Bühne für Gaukler, Artisten und skurrilen grossen Straßen-Theater-Gruppen wurde. Da verwandelte sich der Sprödentalplatz in eine nächtliche Arena für eine französische Fantasietruppe, die von seltsam dekorierten Fahrzeugen aus akrobatisch-mystisch anmutende imaginäre Kämpfe ausfochten. Verstecktes Theater zelebrierten andere Künstler. Die »Scharlatane« setzten schon mal eine ganze Straße unter Schaum, um auf zukünftige Umweltverschmutzung hinzuweisen oder die den Verkehr auf dem Südwall auf ihrer anarchischen Weise regelten. Die von der Werkbühne getragenen Frauentheatertage (1986 bis 1993), bei denen u.a. die »Missfits« (Stephanie Überall, Gerburg Jahnke) auftraten, fielen in eine frauenbewegte Zeit. Die »Szene Großbritannien« (1988) zeigte englischen Humor auf der Kleinkunstbühne im Werkhaus. Earl Orkin, singer-songwriter, musician and comedian, nutzte ironisch die Gelegenheit sich in einem Song über das alte Klavier auf der Werkbühne zu beklagen. »I want a Steinway«, meinte er auf der Melodie von »This is my way«.

Meist fand die Bühnenarbeit in Reihen statt. Eine der ersten Reihen befaste sich mit Satire. Z.B. trat hier das Krefelder Duo »TNT« (Hans Busch und Manfred Dienefeld) auf. Viele Kabarettgruppen, die die Werkbühne nutzten, beschäftigten sich ironisch mit kirchlichen Zuständen. So auch Dieter Nuhr und sein damaliger Kompagnon. Es hagelte Anzeigen gegen das Duo. Viele weitere mittlerweile bekannte Kabarettisten traten in der Blücherstr. auf. Volker Pispers, Herbert Knebels Affentheater, Kalle Pohl, Schmickler und Becker, Jünnemann u.v.m. um nur einige zu nennen. Alle Sparten der sog. Kleinkunst wurden präsentiert: Zauberei, Jonglage (die Gruppe Niegelungen), Pantomime, Straßenmusik (Laut und lästig), experimentelles, Puppen- und Kindertheater, kleines Schauspiel/Theater und Musiktheater (Collegium Ars Vitalis, »Muzik als Theater«, Huber, Sacher, Wilmans). In der Reihe »Die Krefelder kommen!« trat auch die Gruppe »Ernst« (Winni Walgenbach, Bobbel u. Co.) mit ihrem Musiktheater auf und die »Scheinheiligen«, zunächst noch eine Schülerkabaretttruppe, bespielte laufend die kleine Bühne im Werkhaus. Nicht nur mit dem Lied: »Krefeld, unsere Mutter, unser Glück…« eroberte Volker Diefes und Christian Ehring, die von der Truppe zuletzt übrig blieben, die Herzen der Krefelder. Die »Herbstzeitmimen«, eine im Werkhaus 1989 gegründete Seniorentheatergruppe bespielt nun noch die Bühne auf der Blücherstraße.

Kontinuierlich wird hier auch die Reihe »Unplugged« fortgesetzt. Mit der Herrichtung des Südbahnhofs verlagerte sich die Werkbühnenarbeit zunehmend zur Saumstraße. Geboten wird dort weiterhin das volle Programm der Werkbühne. Kabarett (z.B. »Das schwarze Schaf«), Musik (z.B. Waldo Karpenkiel und Freunde) Tanz (z.B. Andreas Simon), Experimentelles und Projektarbeit bilden die Schwerpunkte. Oft durchgeführt in Kooperation mit anderen Kultureinrichtungen und Institutionen. Durch die erweiterten räumlichen Möglichkeiten kann die Werkbühne nun auch vermehrt themenbezogene Ausstellungen präsentieren und auch so ihrem Namen als Ort der Bühne für Werke gerecht werden.

Helmut Boeck, Januar 2015