Adolph von Vagedes und die sechste Stadterweiterung

Das Wachstum der Stadt Krefeld (Ausschnitt). © Stadt Krefeld, der Oberbürgermeister, Vermessungs- und Katasterwesen, 2003
Das Wachstum der Stadt Krefeld (Ausschnitt). © Stadt Krefeld, der Oberbürgermeister, Vermessungs- und Katasterwesen, 2003

Ein Vierteljahrhundert nach der Französischen Revolution war der linke Niederrhein wieder aus der Grande Nation entlassen, die preußische Verwaltung hatte sich reinstalliert. Als erstes erließ der Krefelder Rat eine Baupolizeiverordnung. Ihr Inhalt: An Straßen und Wegen und in Gärten außerhalb der Stadt wurde willkürliches Bauen verboten. Weil der Zuzug von Arbeitern für die Textilindustrie am Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert unvermindert anhielt, war eine erneute Stadterweiterung unausweichlich.

Adolph von Vagedes. Foto: Stadtarchiv Krefeld, Fotobestand, Objekt-Nr. 13016
Adolph von Vagedes. Foto: Stadtarchiv Krefeld, Fotobestand, Objekt-Nr. 13016

Der Geometer W. Goldammer nahm die Topographie von Stadt und Umland auf und präsentierte im Juli 1816 seine Daten. Adolph von Vagedes, seines Zeichens Regierungsrat in der Bezirksregierung, legte seine Bestandsaufnahme im November 1817 vor. Seine Idee war es, die beabsichtigten Erweiterungen in den Umriss eines lateinischen Kreuzes einzubinden. Rund um die Stadt sah Vagedes einen Boulevard samt Wassergraben vor. Teile der Stadtmauern und die Stadttore sollten abgerissen werden, Abwassergräben zugeschüttet oder überbrückt werden. Auch eine Turmwindmühle auf Höhe der heutigen Nordstraße sollte der Erweiterung weichen, während der ans Palais grenzende Park der Familie von der Leyen verschont blieb. Wie eine Handskizze von Goldammer zeigt, hatte Vagedes den Boulevard offenbar im Norden noch nicht geschlossen. Im Dezember 1817 lehnte der Rat den Vagedes-Plan ab: Die Kosten waren den Verantwortlichen der verschuldeten Stadt zu hoch. Zudem schätzten sie, dass die hinzugewonnenen Quartiere zu groß seien, und sie zu bebauen, Jahrhunderte dauern würde. Verschiedene Stimmen plädierten dafür, die Stadt nur nach Südosten zu erweitern. Das Hickhack zwischen einzelnen Instanzen zog sich bis April 1821 hin. Schließlich wurde eine stark abgespeckte Version des Vagedes-Plans realisiert, die Staatskanzler Karl-August von Hardenberg maßgeblich beeinflusst haben soll.

Auch die Vagedes zugeschriebene Idee einer gradlinigen Begrenzung durch Ost- und Westwall dürfte aus der Staatskanzlei stammen. 17 Baufelder wurden gestrichen. Das Konzept, die Stadt gleichzeitig in alle vier Himmelsrichtungen zu erweitern, wurde von aktuellen Maßnahmen überrollt: Für den Bau eines neuen Wohnhauses wurde schon im Jahr 1821 der Antrag gestellt, die Evertstraße zu öffnen und dort Turm und Stadtmauer abreißen zu dürfen. Ein anderer Antrag bezog sich auf die Öffnung der Klosterstraße (heute Poststraße). Die Anlage des neuen Friedrichsplatzes aus einer verbreiterten Straße vor dem abgerissenen Hülser Tor heraus bereitete Schwierigkeiten, wurde aber zwischen 1826 und 1833 umgesetzt. Die östliche Umgehung erhielt 1828 den Namen Ostwall. Er wurde von 1837 bis 1843 beidseitig bebaut. Maximilian F. Weyhes gärtnerische Gestaltung wertete die Straße zur Promenade auf.

Die ersten Neubauten auf dem Nordwall entstanden an der Meursischen Straße. Der katholischen Elementarschule, die Stadtbaumeister Heinrich Johann Freyse 1839 errichtete, kam wegen ihrer Lage am Ende des Ostwalls eine gewisse städtebauliche Bedeutung zu.

Positive Äußerungen zu den vier Wällen fehlen in den Akten, aber die siebte Stadterweitung war schon 1843 fällig und bestätigte Vagedes’ ursprüngliche Pläne aufs Schönste.

Irmgard Bernrieder

Weitere Informationen:
Reinhard Lutum und Rosemarie Vogelsang: »Die Wälle in Krefeld«. In »Die Heimat«, Krefelder Jahrbuch, Band 77, 2006