Die Videosammlung der Kunstmuseen Krefeld

Jennifer Allora & Guillermo Calzadilla: »How To Appear Invisible«, 2009 (Filmstill) 1-Kanal-Videoprojektion, Farbe, Ton, produziert auf Super-16-mm-Film auf HD-DVD 21'30". Sammlung Kunstmuseen Krefeld, © Allora & Calzadilla
Jennifer Allora & Guillermo Calzadilla: »How To Appear Invisible«, 2009 (Filmstill) 1-Kanal-Videoprojektion, Farbe, Ton, produziert auf Super-16-mm-Film auf HD-DVD 21’30“. Sammlung Kunstmuseen Krefeld, © Allora & Calzadilla

Die Geschichte des Videobestandes der Kunstmuseen Krefeld ist unmittelbar mit der Geschichte des Mediums selbst verknüpft. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre kamen die ersten Videogeräte auf den Markt, und Künstler wie Nam June Paik und Andy Warhol begannen mit dem neuen Medium zu experimentieren. Die direkte Bildkontrolle und die Möglichkeit der Bild- und Tonmanipulation regten Künstler auf internationaler Ebene zu unterschiedlichen medialen Konzepten an: Die Spannbreite reicht von performativen Handlungen, die für und mit der Kamera entwickelt wurden, bis zu Computer basierten Videocollagen.

Gilbert & George: »A Portrait of the Artists as a Young Men«, 1972 Zertifikat. Sammlung Kunstmuseen Krefeld, Foto: Volker Döhne
Gilbert & George: »A Portrait of the Artists as a Young Men«, 1972 Zertifikat. Sammlung Kunstmuseen Krefeld, Foto: Volker Döhne

Zugleich sahen viele Künstler im Video ein demokratisches Format, da es sich im Grunde unendlich vervielfachen ließ. Gerry Schum (1938 bis 1973) hat den Gedanken »Kunst für alle« konsequent weitergeführt. Er gilt in Deutschland als einer der wichtigsten Videopioniere. Gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin, Ursula Wevers, hat er mit den Fernsehausstellungen I LAND ART (1969) und II IDENTIFICATIONS (1970) das aktuelle Geschehen in der US-amerikanischen und europäischen Kunst (mit Künstlern wie Joseph Beuys, Daniel Buren, Gilbert & George, Richard Long, Richard Serra, Robert Smithson, Walter de Maria und vielen anderen) in das heimische Wohnzimmer des Fernsehbetrachters gebracht.

Gerry Schum und Ursula Wevers führten auch den damaligen Direktor der Kunstmuseen Krefeld, Paul Wember, in die Welt der ephemeren technischen Bilder ein. 1971 hatten die beiden eine Videogalerie in Düsseldorf eröffnet und damit einen ersten Präsentations- und Vertriebsort in Nordrhein-Westfalen für das neue Kunstformat geschaffen. 1969 bis 1972 erwarb Wember nicht nur die beiden Fernsehausstellungen, sondern auch Videoarbeiten von John Baldessari, Jan Dibbetts, Ulrich Rückriem, Franz Erhard Walther u.a.

Ende der 1970er Jahre wurden weitere Videoarbeiten aus der nun allein von Ursula Wevers geführten Galerie Projektion, Köln, erworben. Es kamen vor allem Arbeiten amerikanischer Künstler wie Vito Acconci, Peter Campus, Richard Serra, Keith Sonnier u.a. in die Sammlung. 2013 konnten nochmals einige Werke aus dem ehemaligen Bestand dieser Galerien erworben werden, so dass die Kunstmuseen heute nahezu über das gesamte Angebot der Produktion und des Vertriebs der beiden Videopioniere verfügen.

Somit spiegelt die Krefelder Sammlung die Frühzeit der Videokunst in einer einmaligen Intensität. Darüber hinaus bereichern videographische Arbeiten die Sammlung, die seit den späten 1990er Jahren vor allem im großen Projektionsformat entstanden sind. Hubbard & Birchler, Iñigo Manglano-Ovalle, Allora & Calzadilla u.a. beziehen sich mit ihren medialen Werken auf unterschiedliche Zusammenhänge und Kontexte, die europäische und nordamerikanische Gesellschaften seit der Postmoderne ausgebildet haben.

2014/15 ist Haus Lange Austragungsort des Nam June Paik Award 2014, internationaler Medienkunstpreis der Kunststiftung NRW. Er gilt als einer der wichtigsten internationalen Medienkunstpreise. Die Kunststiftung NRW verleiht diese Auszeichnung seit 2002 im zweijährigen Rhythmus. Sie richtet jeweils gemeinsam mit einem Kunstmuseum in Nordrhein-Westfalen die Ausstellung zum Nam June Paik Award aus.

Sylvia Martin

Ausführliche Information: Fotografie/Neue Medien der Krefelder Kunstmuseen