Vom kleinen Trompeter und seinen Mitstreitern
Wer auf den hellen Kieswegen im Stadtgarten zwischen Beeten und dem renovierten Musik-Pavillon spaziert, fröstelt unwillkürlich bei der Vorstellung, sich gerade über aufgelassenen Gräbern zu bewegen. Dem heutigen Park ging nämlich der Friedhof an der St.-Anton-Straße voraus, wo bis 1867 bestattet wurde. Der Umbau in einen öffentlichen Garten wurde am 1. Mai 1879beschlossen und schrittweise umgesetzt. So entstand der zentrale Springbrunnen in den Jahren 1894/95.
Wenige bemooste Grabstelen und –monumente bezeugen diese Vergangenheit, der sich auch das Veteranen-Denkmal auf dem Areal verdankt. Hinter Buschwerk verbirgt sich das vier Meter hohe Sandstein-Monument von Friedrich von Schmidt. In seinem von Patina überzogenen neugotischen Stil scheint es aus der Zeit gefallen: ein Pfeiler auf quadratischem Stufensockel, dessen Ecken sechseckige zinnenbekrönte Türmchen tragen. Darauf ein kleinerer Aufsatz, der diese Gliederung wiederholt, und unter einem Spitzbogen die Statuette eines Grenadiers der Grande Armée . Der napoleonische Adler, der darüber schwebt, bestimmt auch die Rückseite des Denkmals. Seitlich wurden das Kreuz der Ehrenlegion und das Krefelder Stadtwappen in den Stein gemeißelt. Namen sind erkennbar, aber nur schwer zu entziffern. 97 sollen es sein, unter ihnen auch jener Carl Schehl, der uns die Geschichte zu diesem geheimnisumwitterten Monument hinterlassen hat.
1812 zog der 14-Jährige als Trompeterjunge freiwillig mit dem zweiten französischen Karabinierregiment in den Krieg gegen Russland, gemeinsam mit jenen Krefelder Männern, die seit 1802 gezwungen wurden, Kriegsdienst beim 1804 selbst ernannten Kaiser Napoleon zu leisten. Viele von ihnen fielen europaweit auf Feldzügen und in Schlachten. Die überlebenden Kriegsheimkehrer verband ihr gemeinsames Schicksal lebenslang. Schehl zeichnete seine Erlebnisse auf und dokumentierte darüber hinaus die Gründung des Krefelder Veteranenvereins (1845) und die Schaffung des Denkmals, das am 18. August 1852 eingeweiht wurde. Sein Erinnerungsbuch »Vom Rhein zur Moskwa« erschien in seinem Todesjahr 1862.
Irmgard Bernrieder
Weitere Information:
Das Veteranen-Denkmal entwarf Friedrich von Schmidt 1846 im Stil der Neugotik, zu deren wichtigsten Vertretern er mit Ernst Friedrich Zwirner (Dombaumeister zu Köln) und Vincenz Statz zählte. Das freistehende Denkmal bedient sich gestalterisch der Vorbilder der gotischen Profanarchitektur (zinnenbesetzte Türmchen). Der Kölner Bildhauer Christian Mohr schuf die Figur des napoleonischen Grenadiers. Auch die St. Gertrudis-Kirche in Bockum und die Grabplatte für Susanne von Loewenich (geborne von der Leyen) hat Freiherr von Schmidt entworfen. Das Denkmal wurde 1905/06, 1928 und 1959 renoviert und zuletzt 1998 überarbeitet. (ibe)