Aus »Unsicherheitsgründen« gebraucht
Ganz der avantgardistischen Musik und Literatur widmet sich das Theater am Marienplatz (TAM). Pit Therre gründete es im Jahr 1976 und pflegt seither kontinuierlich ein Repertoire selten inszenierter zeitgenössischer Werke, die er auch als Ur- oder Erstaufführungen herausbrachte. Mauricio Kagel und seiner Schülerin Carola Bauckholt – die bis 1984 Mitglied des 10- bis 15-köpfigen Ensembles war – gilt bis heute ein besonderes Augenmerk, war das TAM doch so eine Art Haustheater für den Komponisten, in dem er gelegentlich selbst Regie führte. Auch Arbeiten von Suchan Kinoshita erlebten in der alten Fischelner Schule mit der Hausnummmer 81 ihre Uraufführung. Den Spielplan prägen neben Kompositionen Neuer Musik Werke Konkreter Poesie, etwa aus der Feder von Ernst Jandl und Gerhard Rühm. Im überschaubaren Feld zeitgenössischer Musik hat das TAM sich in den fast vierzig Jahren seines Bestehens weltweit einen besonderen Ruf erworben und wird regelmäßig zu den bekanntesten internationalen Festivals in Amsterdam, Berlin und Venedig, Wien und Zürich, sowie Monaco, Paris, Aix- en-Provence und Lille eingeladen.
Wegen Sicherheitsmängeln musste das Theater ein Vierteljahrhundert nach seiner Eröffnung, geschlossen werden. Mauricio Kagel schrieb am 25. Februar 2001 folgenden Appell: »Das Theater am Marienplatz darf aus Sicherheitsgründen nicht geschlossen werden! Dies würde das Kulturleben Krefelds gefährden, weil man das TAM aus Unsicherheitsgründen braucht! Handelt rasch, damit alle Bürger weiterhin die alte Schule … besuchen können.« Eine »praktikable« Sanierung des Gebäudes ermöglichte die Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Derzeit sind immer freitags, 22:00 Uhr, entdeckungsfreudige Musik- und Literaturliebhaber eingeladen, sich auf Neuland zu begeben.
Irmgard Bernrieder
Weitere Informationen:
»HÖR-ÜBERRASCHUNGEN – Pax Christi – TAM – Gesprächskonzerte« von Ute Büchter Römer
René Linke: Das »Theater am Marienplatz« in Krefeld – ein Archiv mit Sprengkraft. In: »Die Heimat«, Krefelder Jahrbuch, Band 75, 2004, Seite 136 ff