Die Sammlung der Krefelder Kunstmuseen

Kunst aus der Sammlung der Krefelder Kunstmuseen zu verkaufen, schlagen Kommunalpolitiker in regelmäßigen Abständen vor, um die städtischen Finanzen zu sanieren. Wäre das wirklich eine Lösung?

Die ethische Antwort: Der Stadtverordnete Albert Oetker schenkte dem Kaiser Wilhelm Museum (KWM) zu seiner Eröffnung 1897 die 150 Nummern umfassende Sammlung Conrad Kramers, des ersten bedeutenden Kunstsammlers am Niederrhein. Möbel, Plastiken, Glasmalereien, Rheinisches Steinzeug, Gemälde und Waffen im Wert von 55 000 Reichsmark, deren wichtigste noch heute ausgestellt sind. Öffentliche Bildung durch Vorbilder zu ermöglichen, hatten sich bürgerliche Mäzene seit der Gründerzeit aufs Panier geschrieben. Durch das Sammeln sollte Gedächtnis konstruiert werden. Kontinuierliche Bewahrung von Kunst- und Kulturgütern lautet bis heute der überzeitliche Auftrag der Museen. Den weltweit geltenden Ehrenkodex entwickelten der Deutsche Museumsbund und der Internationale Museumsrat ICOM (International Council of Museums). Diese ethischen Richtlinien für Museen (Code of Ethics for Museums) bilden seit 1986 die Grundlage der professionellen Arbeit von Museumsfachleuten.

Die juristische Antwort: Die Freunde der Kunstmuseen Krefeld und die Heinz und Marianne Ebers-Stiftung ermöglichen durch Neuerwerbungen die ständige Aktualisierung der Kunstsammlung. Der Stiftungsvertrag schließt über einen bestimmten Zeitraum einen Verkauf aus. Für den Leihvertrag zwischen der Stadt und dem Förderverein betont sein Schatzmeister Peter Welling, dass der Verein Eigentümer bleibe und somit alle Erwerbungen vor Zugriffen seitens der Stadt geschützt seien. »Der Leihgeber stellt die … Leihgaben der Stadt Krefeld leihweise für ausschließlich eigene Zwecke … zur Verfügung«, so der entsprechende Passus in dem Vertrag von 1984.

Und wie steht es mit den Kunstwerken, die in den 87 Jahren davor dem Museum geschenkt, gestiftet oder vermacht wurden? Dr. Martin Hentschel räumt ein, dass diese Sammlungsbestände juristisch nicht vor Zugriffen der Stadt geschützt seien. »Es kam niemandem in den Sinn, dass eine solche Absicherung nötig sein könnte«, so Hentschel, »da es sich doch um Geschenke für die Allgemeinheit handelte.« Gleichzeitig verweist er aber auf den international geltenden Icom-Ehrenkodex. Enorm war der Imageschaden für die Stadt Krefeld, den 2006 Kulturdezernent Roland Schneiders Bereitschaft anrichtete, den von der Stadt angestrebten Verkauf von Claude Monets Gemälde »Parlamentsgebäude in London« mit zu tragen, um mit den erwarteten 20 Millionen Euro das marode Museum zu sanieren. Solche Feinheiten scheinen die Kommunalpolitiker nicht zu interessieren, wenn sie in populistischer Manier akute soziale Belange über traditionelle kulturelle stellen. Dr. Hentschel problematisiert auch die Mischfinanzierung bei vielen Ankäufen. Wer ist Eigentümer, wenn – wie beim Erwerb höherpreisiger Kunstwerke üblich – Geld aus der Landes-und Bundesstiftung sowie Mittel anderer Kulturstiftungen zusammenfließen? Freilich habe es in der Vergangenheit andernorts Verkäufe aus städtischen Kunstsammlungen gegeben, räumt er ein. Immer aber mit negativem Echo.

Zwei Beispiele: 1998 veräußerte das Karl Ernst Osthaus-Museum Hagen Gerhard Richters »Seestück« für zwei Millionen Mark, weil es »nicht in die Sammlung passe«. Um seinen defizitären Etat aufzubessern, trennte sich das Kunstmuseum Bonn für 400.000 Mark von einem Baselitz-Gemälde, das es 1978 für 23.800 Mark erworben hatte. Ihr Vorgehen hängt den beiden Museen bis heute nach. Denn soviel ist klar: Seinen guten Ruf verliert man nur einmal.

Irmgard Bernrieder

Weitere Informationen:
Artikel in »K. West« zur Diskussion des Monet-Verkaufs: »Vor Sonnenuntergang«
Sammlungen der Kunstmuseen Krefeld