Ob die Stadt Krefeld es als Geschenk betrachtete oder doch eher als Belastung, als ihr Eva Brues 2009 ihr Elternhaus vermachte, sei dahingestellt. Eine notorisch rote Zahlen schreibende Kommune im Sparzwang sah sich in die Pflicht genommen, da ja an der Immobilie eine Verpflichtung hing: Forschungs-, Studien- und Begegnungsstätte zum Werk Brües’ sollte sie werden, im Fokus rheinische Literatur des 20. Jahrhunderts und der Folgezeit. Drei Jahre gingen ins Land, bis 2012 das »Niederrheinische Literaturhaus« (https://www.krefeld.de/de/kulturbuero/niederrheinisches-literaturhaus-krefeld) unter den Fittichen des Kulturbüros eröffnete. Seither müht man sich redlich, den Auftrag im Rahmen der finanziellen Einschränkungen zu erfüllen. Bei Lesungen, die in loser Reihenfolge stattfinden, finden 30 Gäste Platz, was den Vorteil hat, dem vortragenden Schriftsteller ungewohnt nahe kommen zu können. Gleichzeitig will das Literaturhaus Ort des Austauschs und der Begegnung von Autoren aus dem Rheinland sein. Vorrangig gilt das Augenmerk der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die im Kontakt mit Schulen aufgebaut werden soll. Anette Ostrowski ist die Kümmerin im Literaturhaus. Sie organisiert Veranstaltungen, betreut die Öffentlichkeitsarbeit und kümmert sich um die Organisation der Lesungen.

1993 gründete sich der Otto-Brües-Freundeskreis – Gesellschaft für Literatur e.V. im Otto-Brües-Haus an der Gutenbergstraße 21. »Die Ziele des Otto Brües-Freundeskreises sind die Pflege und Förderung des gesamten schriftlichen Nachlasses des 1897 in Krefeld geborenen Schriftstellers Otto Brües«, heißt es auf der Homepage der Gesellschaft. »Weitere Aufgaben liegen in der Aufarbeitung und Pflege der Werke seiner Zeitgenossen, insbesondere am Niederrhein und im gesamten Rheinland, sowie der Unterstützung jüngerer und junger Autoren aus dieser Region.«

Das Haus, in dem der Schriftsteller die letzten 15 Jahre seines Lebens wohnte, ist heute Sitz der Gesellschaft. Es verfügt über eine Bibliothek und bietet Führungen für Gruppen an.

Anmerkung der Redaktion:
Im September 2015 wurde der Otto-Brües-Freundeskreis umbenannt in »Literatur in Krefeld e.V.«. »Der Schwerpunkt seiner Zielsetzung ist die Pflege der Literatur im Rheinland allgemein sowie die Förderung des Niederrheinischen Literaturhauses. Aufgrund seiner Geschichte wird für den Verein die Auseinandersetzung mit dem Werk von Otto Brües (1897 bis 1967) an geeigneter Stelle weiterhin eine Rolle spielen.«, heißt es auf der Vereins-Homepage.

Epilog und Erinnerung

In den zwölf Jahren des Tausendjährigen Reichs galt Otto Brües (* 1. Mai 1897 in Krefeld; † 1. April 1967 ebenda) als der bekannteste Krefelder Autor. Er verfasste über 100 Romane und Dramen, Novellen, Essays und Gedichte. Außerdem arbeitete er für das Feuilleton der katholischen Kölner Zeitung, das er ab 1934 leitete, die Düsseldorfer Zeitung und die Rheinischen Blätter der NSDAP. 1933 schwor der katholische Schriftsteller mit 88 anderen seiner Zunft Hitler Treue, 1937 trat er in die NSDAP ein, und genoss die Gunst der braunen Machthaber, die es an lobenden Rezensionen seiner Veröffentlichungen nicht fehlen ließen, obwohl, wie es heißt, er kein eingefleischter Nationalsozialist gewesen sei. Hans Johst, der Präsident der Reichtsschrifttumskammer war ihm gewogen, und 1942 überreichte Landeshauptmann Haake dem Krefelder den Rheinischen Literaturpreis. Wie viele seiner Zunft zur Zeit der NS-Diktatur protestierte Brües weder gegen die öffentlichen Bücherverbrennungen, noch zeigte er mit dem Finger auf die NS-Proklamation »Entartete Kunst«und blieb dafür wohl unbehelligt. Da nationalsozialistische Kulturpolitik, etwa in ihren verschiedenen Tätigkeitsbereichen vom Reichspropagandaministerium bis in die lokalen NS-Kulturgemeinden, keine eindeutig formulierte Position in Sachen Kunst vertrat, und Verantwortliche in NSDAP und Behörden auch voneinander abweichende Linien vertraten, bildete sich für (arische) Kulturschaffende eine Grauzone des weitgehend ungetrübten Broterwerbs. »Ästhetischer Eskapismus« in historische, unpolitische Themenkreise stand auf dem Schild dieses Hintertürchens.

Johannes Cladders, der gebürtige Krefelder Kunstexperte und langjährige Leiter des Museums Abteiberg Mönchengladbach verfasste seine Dissertation über den Schriftsteller unter dem Titel »Otto Brües. Eine Untersuchung zur Dichtungs- und Geistesgeschichte der Rheinlande«, Univ. Diss., Bonn 1955.

Irmgard Bernrieder

Weitere Infos:
Theodor Pelster über Otto Brües im Portal »Rheinische Geschichte« des LVR
Otto Brües im Krefelder Stadtportal