Lange Zeit war in Deutschland Kabarett ein Synonym für Kleinkunst, seit den 1990er Jahren drängt sich auf vielen Bühnen auch die sogenannte Comedy ins Programm. Die Texte der Kabarettisten sind politisch, mindestens aber gesellschaftssatirisch, der Comedian spart das Politische aus. So unscharf verläuft die Trennlinie, so scharf trennen lassen sich die Künstler meistens dann nicht. Dennoch soll hier versucht werden, den Akzent auf Kabarett in Krefeld zu legen. Systematisch hat dieses Gebiet für Krefeld im Übrigen noch keiner erforscht, dieser Text bleibt deshalb notgedrungen erst einmal ein Streifzug, der sich von den 1980er Jahren bis heute erstreckt.

Krefeld hat immerhin sogar einen Kabarettpreis. Die seit 2005 verliehene »Krefelder Krähe« wurde von der Krefelder Kabaretttruppe »Die Krähen« ins Leben gerufen. Der Preis wird im Wechsel mal als Ehren-, mal als Nachwuchspreis vergeben. Unter den Ehrenpreisträgern findet man immerhin auch das Urgestein des deutschen Kabaretts schlechthin. Dieter Hildebrandt (1927 bis 2013) höchst selbst holte sich die Auszeichnung im Jahr 2007 ab.

Jochen Butz. Foto: Susanne Weiland
Jochen Butz. Foto: Susanne Weiland

Der Niederrhein als Thema

»Die Krähen« sind eine 1985 ins Leben gerufene Amateurgruppe, Initiator war der inzwischen zum Ehrenpräsident ernannte Diplomkaufmann Jochen Butz (geb. 1944), der auch als Solist unterwegs ist. Die Gruppe wie auch Butz besetzen gewissermaßen das Subgenre Regional-Kabarett. Man beschränkt sich laut Selbstbeschreibung auf Niederrhein-Themen.

Und wenn denn schon von Regional-Kabarett die Rede ist, darf man natürlich auch die »Kriewelsche Pappköpp« nicht vergessen, die seit 1979 Programme auflegen und sie seit 2004 auch in einem eigenen Theater an der Peter-Lauten-Straße zeigen. Das, was die Marionetten »Mattes«, »Schäng«, »Pitter«, »Kueb« und so fort auf der Bühne »vertällen«, hat immer einen kabarettistischen Einschlag.

Ein weiterer ambitionierter Amateur ist der Bankangestellte Rüdiger Höfken (geb. 1965), der mit seiner Ehefrau Betti Ixkes zudem seit 1992 das Kleinkunsttheater »Podio« und die Theatertruppe »Theater ohne Namen« betreibt. Das »Podio« unterhielt bisher an wechselnden Orten Spielstätten, derzeit ist man als Interimslösung im Glasfoyer des Stadttheaters untergekommen. Höfken hebt den Blick deutlich über den Tellerrand der Region, der Gewinn des Golden Kleinkunstnagels in Wien, Platzierungen bei weiteren Preisen und Nominierungen beweisen das.

Volker Diefes. Foto: Thomas Schweinsberg
Volker Diefes. Foto: Thomas Schweinsberg

Die Kabarett-Prominenz zu Gast

Im Gastspielbetrieb »Podio« sind viele Pointen-Profis zu Gast, sowohl aus dem Comedy- als auch aus dem Kabarettlager. Die derzeit älteste Krefelder Kabarettbühne gehört aber sicher der Kulturfabrik, die seit ihrem Beginn 1983 regelmäßig das Genre zu sich ins Haus holt. Bei der Reihe »Kabarett-Bühne-Krefeld« gastierten schon (fast) alle Brettl-Spitzenkönner, von Harald Schmidt (vor der großen TV-Karriere) bis Richard Rogler, vom »3Gestirn Köln 1« (mit Wilfried Schmickler) bis Josef Hader. Und auch der große Niederrheiner Hanns Dieter Hüsch (1925 bis 2005) aus dem benachbarten Moers dürfte hier nicht fehlen.

Auf der kleineren Werkbühne des Werkhauses (seit 1984) traten auch häufig Kabarettisten auf, etwa Volker Pispers, Dieter Nuhr oder die »Missfits« (Stephanie Überall und Gerburg Jahnke). Und die Krefelder »Die Scheinheiligen« waren hier Dauergäste, bevor es mit ihnen in die weite Welt ging. Die 1991 gegründeten »Die Scheinheiligen« waren ursprünglich eine Schülertruppe aus dem Ricarda-Huch-Gymnasium, schrumpften vom Septett zum Duo und landeten schließlich – zunächst einmal – in Düsseldorf, nirgendwo sonst als beim altehrwürdigen Kom(m)ödchen.

Christian Ehring – das Bild zeigt ihn im extra 3-Studio des NDR. Foto: NDR/MorrisMacMatzen
Christian Ehring – das Bild zeigt ihn im extra 3-Studio des NDR. Foto: NDR/MorrisMacMatzen

Erfolgreiche Krefelder Kabarettisten

Als Kay Lorentz, Sohn der Kom(m)ödchen-Gründer Lore und Kay Lorentz, Ende der 1990er Jahre nach einem neuen Ensemble Ausschau hielt, waren ihm Volker Diefes (geb. 1971) und Christian Ehring (geb. 1972), der erfolgreiche Rest der »Scheinheiligen«, schon aufgefallen. Ab 1998 gehören sie zum festen Ensemble seines Hauses, durch Nicole Ankenbrand zum Trio ergänzt. 2002 verlässt Ehring das Ensemble, Diefes bleibt noch bis 2005. Während Ehring 2006 zurückkehrt und in Wiederaufnahmen älterer Produktionen bis heute noch im Kom(m)ödchen spielt, reist Diefes seither mit Soloprogrammen durchs Land, ist in seiner Heimatstadt aber auch als Organisator und Moderator sogenannter Mixed-Shows mit mehreren auftretenden Künstlern aktiv und sucht gelegentlich den Schulterschluss mit dem Karneval.

Ehring, der zwischen 2002 und 2006 auch solo auftritt, ist vor allem auch als Texter für viele Kollegen erfolgreich und spielt so gut Klavier, dass er seine musikalischen Fähigkeiten auf der Bühne und als Komponist einsetzen kann. 2009 gelingt ihm der Einstieg ins Fernseh-Geschäft. Seit 2009 gehört er zum Team der heute-Show (ZDF) um Oliver Welke, und der NDR überträgt ihm 2011 die Moderation des satirischen Wochenmagazins »extra 3«. Seit 2014 läuft »extra 3« auch einmal im Monat im »Ersten«, dem gemeinsamen Fernsehprogramm der ARD. Damit ist Ehring vielleicht der bisher erfolgreichste Krefelder Kabarettist, auf jeden Fall ist er der mit der größten Reichweite.

Bundesweite Resonanz erreichte vorher noch der 1957 in Krefeld geborene Achim Konejung, der als Kabarettist zwischen 1981 und 2002 große Erfolge feierte, als Solist, im Duo mit Horst Schroth und auch mit größeren Besetzungen. Konejung legte 2003 laut seiner eigenen Webseite eine »Kabarett-Pause« ein und engagierte sich für eine Stiftung, ist aber inzwischen auch wieder als Kabarettist aktiv.

Und die nächste Generation? In der ist im Moment kein Krefelder Kabarettist auszumachen. Mit Kristian Kokol und David Werker sind allerdings zwei Comedians bereits in diversen TV-Formaten aufgefallen, beide können auch schon Preise vorweisen. Kokol gilt zudem als »Avantgardist« in der Comedy-Szene, was auch immer das heißen mag.

Klaus M. Schmidt-Hertzler