Malen mit Glas

Hubert Spierling, St. Hubertus, 1959 bis 1960. Mundgeblasenes Echt-Antik-Glas, Opal-/Opak-Glas, Bleiband, Konturenmalerei, Detail. Foto: Ralf Janowski
Hubert Spierling, St. Hubertus, 1959 bis 1960. Mundgeblasenes Echt-Antik-Glas, Opal-/Opak-Glas, Bleiband, Konturenmalerei, Detail. Foto: Ralf Janowski

Die 1959 eingeweihte Kirche St. Hubertus in Krefeld an sich ist schon eine Besonderheit. Der in Viersen lebende Architekt Heinz Döhmen musste sich der Aufgabe stellen, ein kostengünstiges und im Prinzip demontierbares Gotteshaus zu entwickeln, das an anderer Stelle wieder aufgebaut werden kann. Grund dafür war die Lage des Grundstückes an der Trasse einer seinerzeit geplanten Umgehungsstraße, die in dieser Form dann aber nicht ausgeführt worden ist. Döhmen wählte die Form eines Leichtigkeit und Flexibilität verkörpernden Zeltes, mit einem Dach aus Eternitplatten und Glas in Form eines umlaufenden Fensterbandes für die Gestaltung der Wände. Ihm, dem von Hubert Spierling (geb. 1925 in Menden) entwickelten Fenster, verdankt das Innere der Kirche im Zusammenspiel mit weiteren sakralen Bausteinen (Ambo, Kreuz und Tabernakel von Heinz Wimmer, Marienstatue von Karl-Heinz Trittien, Taufbecken von Karl-Heinz Modigell und Weihwasserbecken von Johannes Trittien) ihre absichtliche Schlichtheit, die unweigerlich zur Besinnung und zum Gebet führt.

Hubert Spierling, Bogenfenster, 1995 bis 1996, Hauptbahnhof Krefeld. Auf Anregung des Verkehrsvereins Krefeld e.V. gestiftet von der Krefelder Kulturstiftung der Sparkasse Krefeld. Foto: Ralf Janowski
Hubert Spierling, Bogenfenster, 1995 bis 1996, Hauptbahnhof Krefeld. Auf Anregung des Verkehrsvereins Krefeld e.V. gestiftet von der Krefelder Kulturstiftung der Sparkasse Krefeld. Foto: Ralf Janowski

Hubert Spierling, der 1996 auch das große Bogenfenster im Hauptbahnhof Krefeld entworfen hat, studierte erst in Hamburg und Düsseldorf Malerei, bevor er 1949 das Zweitstudium der Glasgestaltung in Krefeld aufgriff. Er zählt zum Kreis jener in den 20er Jahren geborenen Glaskünstler, die sich ab Mitte der 50er Jahre zusehendes von der Figur hin zu einer Auflösung der Formen entwickelten. Schwerpunkt dieser Denk- und Arbeitsweise war vor allem eine intensive Bezugnahme auf den umgebenden Raum, der von nun an weniger als Hülle, sondern als Bestandteil des Gesamtwerkes erfasst und gestaltet worden ist.

So taucht Hubert Spierling den kompletten Kirchenraum von St. Hubertus durch die Wahl überwiegend blauer und weißer Glasfenster in ein nicht einengendes blaues Licht, das jeder Form von Spiritualität ausreichend Platz gewährt. Die Blautöne des mundgeblasenen Echt-Antik- sowie Opal-Glases wechseln dabei zwischen Kobalt- und Ultramin-Blau sowie Türkis. Durch die Überlagerung von zwei Glasscheiben ist ein meist opakes Fensterband entstanden, das keine direkte Durchsicht erlaubt und entsprechend keine ablenkenden Faktoren des Außenraums zulässt. Ebenfalls lenken weder Dekoration noch figürliche theologische Themen von der Konzentration ab. Bei genauer Betrachtung zeigt sich dafür eine vollständige Wiederholung der gläsernen Farb- und Flächenkomposition auf den gegenüberliegenden Raumseiten, was dem seinerzeit vorgegebenen Kostenrahmen geschuldet ist. Dem aktuellen Sparzwang gehorchend, sind zwischenzeitlich zerstörte Glasscheiben bis heute leider nur durch farblich nicht stimmige Fenster ersetzt worden. Schade eigentlich, doch dafür hat immerhin die nicht weit entfernte Konventskirche in Krefeld Hüls seit 2013 drei wunderbare neue Chorfenster, die ebenfalls von Hubert Spierling aktuell für diesen Raum entworfen worden sind.

Werkangabe:
Hubert Spierling – Glasfensterband, St. Hubertus, Hohen Dyk 130 in Krefeld, 1959 bis 1960. Mundgeblasenes Echt-Antik-Glas, Opal-/Opak-Glas, Bleiband, Konturenmalerei.

Christian Krausch