Eine Geschichte der Stadt Krefeld kann es nicht geben, zu groß sind die Unterschiede in Entstehung und Entwicklung zwischen den einzelnen Stadtteilen.
Es gibt aber eine Geschichte der Stadt und Herrlichkeit Krefeld, eine Geschichte der Rheinstadt Uerdingen, der ehemaligen Stadt Linn im Schatten der kurkölnischen Landesburg, der Ortschaften Fischeln, Oppum, Bockum, Verberg, Traar, Hohenbudberg und Gellep, das aus einem Römerlager hervorgegangen ist, und nicht zu vergessen, der Herrlichkeit Hüls. Jeder dieser Orte hatte eine eigene Vergangenheit, bis er freiwillig oder gezwungen irgendwann im 20. Jahrhundert Teil des Gemeinwesens wurde, welches heute Stadt Krefeld genannt wird. Das Stadtgebiet ist Teil des durch Rhein und Maas geprägten niederrheinischen Tieflandes, zwischen 30 und 40 m über dem Meeresspiegel gelegen und mit wenigen »Bergen« versehen, die eiszeitlichen Gletschern (Hülser und Egelsberg) und Deponien (Inrather- und Kapuzinerberg) ihre Entstehung verdanken. Bodenfunde belegen, dass dieser Raum schon in der mittleren Steinzeit besiedelt war. Während der römischen Herrschaft am Niederrhein hatte das Kastell Gelduba, heute Gellep, regionale Bedeutung. Die Ausgrabungen des dortigen römisch-fränkischen Gräberfeldes bringen jährlich viele bedeutende Funde zutage.
»Krinvelde« wird in einer Urkunde um 1105 erstmals erwähnt. Von der Mitte des 12. Jahrhunderts an wurde Geschick der Herrlichkeit Krefeld durch das der Grafen von Moers bestimmt, während das umliegende Gebiet kurkölnisch bzw. vorübergehend klevisch war. 1372 bestand bereits die Landwehr, deren gewaltige Überreste man noch heute im Forstwald und an der Ortmannsheide sehen kann. Aufgrund besonderer Verbindungen zum Kaiser erhielt aus Prag 1373 der Moerser Graf durch eine Urkunde Karls IV. das Recht, Krefeld zur Stadt zu erheben. Die Burg Krakau, in den Sümpfen etwa 800 Meter östlich der Stadt zum Schutz der Herrlichkeit angelegt, wird 1406 erstmalig erwähnt. Uerdingen, um 1255 durch den Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden zur Stadt erhoben, hatte Bedeutung als kurkölnische Zollstätte. Durch Hochwasser zerstört und im Rhein versunken wurde es Ende des 13. Jahrhunderts weiter westlich neu aufgebaut und mit einer Befestigung versehen. Linn, doppelt so groß wie das mittelalterliche Krefeld und halb so groß wie Uerdingen, muss vor 1318 die Stadtrechte erhalten haben. 1560 trat Hermann von Neuenahr-Moers, der 1542 mit Krefeld belehnt wurde, offiziell dem neuen Glauben bei und setzte 1565 einen protestantischen Pfarrer in Krefeld ein. 1584 wurde die Stadt im Truchsesschen Krieg vollständig zerstört und blieb über 20 Jahre fast unbewohnt. Die Zugehörigkeit zum Haus Oranien ab 1600 bewirkte, dass Krefeld von den Kämpfen des 30- jährigen Krieges verschont blieb. In dieser Zeit wurde es jedoch mehrfach, wie auch die Städte im Umland, von der Pest heimgesucht. Auf Druck der oranischen Obrigkeit konnten viele Glaubensflüchtlinge, die Jülich-Berg und Kurköln verlassen mussten, hier eine Unterkunft finden. Darunter die mennonitische Familie von der Leyen, durch die die Bedeutung Krefelds als Samt- und Seidenstadt begründet werden sollte. Trotz der verordneten Duldsamkeit gab es ständig Reibereien zwischen dem reformierten Magistrat und den Katholiken. Auch 13 Quäkerfamilien, die in Krefeld vorübergehend Zuflucht gefunden hatten, sahen sich veranlasst, 1683 nach Amerika auszuwandern, wo sie als erste geschlossene Gruppe deutscher Auswanderer Germantown gründeten, heute ein Stadtteil von Philadelphia. Bereits 1692 musste die Stadt Krefeld, die hoffnungslos übervölkert war, zum ersten Mal erweitert werden.
1702/03 nach dem Tode Wilhelms von Oranien, seit 1692 als Wilhelm III. König von England, und damit Namensgeber der Königstraße, wurde Krefeld durch Erbschaft preußisch. Friedrich der Große unterstützte die Monopolstellung der von der Leyens und genehmigte den Bau einer katholischen Kirche und Schule, um die konfessionellen Spannungen zu mildern. Durch die preußischen Könige und ihre merkantilistische Wirtschaftsauffassung begünstigt, setzte sich der schon unter den Oraniern eingeleitete Wirtschaftsaufschwung fort, wovon allein die vier Stadterweiterungen 1711, 1738, 1752 und 1766 zeugen. Selbst der siebenjährige Krieg, in dem Preußen gegen Frankreich und Österreich stand, unterbrach den Aufstieg kaum. Eine der großen Schlachten dieser Jahre wurde 1758 an der Hückelsmay geschlagen, als Prinz Ferdinand mit 33.000 Mann das französische Heer mit 47.000 durch ein weiträumiges Umgehungsmanöver schlug. Mehr als Krefeld war Uerdingen in die Kriege des 17. und 18. Jahrhunderts verwickelt worden. Während des 30-jährigen Krieges wurde es 1625 erobert, 1641 geplündert und später fast vollständig zerstört. Die Hessen, die 1642 an der Landwehr die kaiserlichen Truppen schlugen, wüteten am gesamten Niederrhein bis 1649. Diese Jahre wurden später die Hessenkriege genannt. Unruhen und Truppenbesetzungen gab es auch während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701/14) und des Siebenjährigen Krieges (1756 bis 1763). Hochwasser und Eisgänge gefährdeten die Rheinstadt. Der Handel blühte vor allem zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Der kontinuierliche Aufstieg Krefelds während dieser Zeit, als es die einst viel größeren Nachbarstädte überflügelte, wurde unterbrochen durch die Folgen der Französischen Revolution.
1794 wurden die Franzosen Herren des gesamten linksrheinischen Gebietes. Sie lösten das alte Kurfürstentum Köln auf; Uerdingen, Linn und Krefeld, seither staatlich nicht mehr getrennt, waren bis 1814 der französischen Verwaltung unterstellt. Die neue Gewerbefreiheit schädigte die Monopolstellung der Krefelder Seidenfabrikanten; die Aufhebung der Zölle kam dem Handel Uerdingens zugute. Für Uerdingen hatte die Familie Herbertz, die dort die ersten Zuckerraffinerien begründete, die gleiche herausragende Stellung wie die von der Leyens für Krefeld. Neue Straßen förderten den Verkehr von und zum Rhein. Nach der französischen Herrschaft gehörten Uerdingen, Linn und – als Kreisstadt – Krefeld, zur preußischen Rheinprovinz.
Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurde bald eine neue Stadterweiterung nötig. Durch sie entstand 1819 das Wallgeviert, das zum Markenzeichen der Stadt und schon wenige Jahrzehnte wieder zu klein wurde. 1887 wurde Krefeld durch den ständigen Zuzug von Arbeitskräften aus dem Umland und die Geburt des 100 000. Bürgers zur Großstadt. Nach und nach gelang es, die krisenanfällige Seidenindustrie durch Ansiedlung anderer Industrien zu stabilisieren. Dann drängte Krefeld an den Rhein, wo es für die Ansiedlungen und den Transport der Güter bessere Möglichkeiten gab. So kam es zur Eingemeindung von Linn (1901) und zum Bau des Rheinhafens (1906), der ursprünglich Ausgangspunkt eines Kanals bis zur Maas werden sollte. Die Eingemeindung von Bockum, Oppum und Verberg erfolgte 1907.
Uerdingen, das seit 1870 über seine mittelalterlichen Stadtmauern hinaus gewachsen und ebenfalls zu einer Industriestadt geworden war, konnte sich nicht weiter ausdehnen. Der Zusammenschluss beider Städte 1928, die jahrhundertelang nicht nur durch eine Staatsgrenze, sondern auch durch den Bockumer Busch und unterschiedliche Wirtschaftssysteme getrennt waren, gelang erst auf Druck von oben. Die Landgemeinden Fischeln und Traar kamen durch die Auflösung des Kreises Krefeld 1929 hinzu. Zu guter Letzt kam Hüls, bis 1970 eine eigenständige Gemeinde, ursprünglich wie Krefeld eine eigene Herrschaft und später geteilt in einen moersischen und einen kurkölnischen Teil, 1975 zu Krefeld. Der zweite Weltkrieg traf die Stadt schwer. In der Nacht vom 21. zum 22. Juni 1943 wurde bei einem Angriff mit mehr als 600 Bombern der größte Teil der Innenstadt zerstört. Bei dem teilweise raschen Aufbau der Nachkriegszeit wurde der historisch gewachsene Bestand nicht immer berücksichtigt.
Dennoch sind die drei ursprünglichen Städte, das klassizistische oranisch-preußische Krefeld, das barocke kurkölnische Uerdingen und das mittelalterliche kurkölnische Burgstädtchen Linn, das Kirchdorf Fischeln mit seiner romanisch-gotischen Kirche, die Landgemeinde Bockum mit seinen Villen und Landhäusern und das in sich ruhende Hüls deutlich voneinander zu unterscheiden, auch wenn moderne Bebauung und Straßen sie immer enger mit einander verbinden.
Georg Opdenberg
Weitere Informationen:
Im Stadtarchiv Krefeld finden sich: »Quellen zur Geschichte Krefelds in der Zeit der Weimarer Republik 1918 bis 1933«, Band 7, bearbeitet von Heribert Houben, Krefeld 2012.
Geschichte der Stadt Krefeld im Portal Rheinische Geschichte des LVR