Der Fotokünstler Detlef Orlopp lehrte in Krefeld 74 Semester lang

Ohne Titel, 23. August 1997. © Detlef Orlopp
Ohne Titel, 23. August 1997. © Detlef Orlopp

»Mit jeder Fotografie, die ich mache, gebe ich der Erde die Erde zurück«, sagt Detlef Orlopp, und offenbart uns so seine geistige Haltung: Da das Paradies verloren ist für immer, trachtet der Künstler danach, mit seinen Lichtbildern den Garten Eden aus Fragmenten wieder zusammenzusetzen, und verlangt vom Betrachter eben jene Konzentration, die er selber seinem Sujet entgegenbringt. Der Künstler folgt dabei dem konstruktiven Prinzip der Architektur und Bildhauerei, denn sein Kamerablick fängt Oberflächenstrukturen unserer Welt ein, die das Licht zeichnet durch Schatten.

Informel, Minimalismus und Konkrete Fotografie mögen im Laufe der Jahre ihren Einfluss auf das Schaffen Orlopps gehabt haben, die weitaus größte Bedeutung hatte für ihn jedoch die Malerei des abstrakten Expressionismus, die er 1959 in Paris und auf der Documenta II kennenlernte. Fortan trachtete er danach, die begrenzte technische Apparatur seiner Kamera zu überschreiten und Strukturen in der Natur einzufangen, nicht nachahmend, sondern um sie gleichsam zum Zeichen ihrer selbst zu verdichten.

Er wartet auf das richtige Licht, verzichtet auf jegliche technische Nachbereitung des Bildes, und lässt das Licht seine Arbeit tun. Er bildete Landschaft nicht ab, sondern fixierte Ausschnitte wie etwa hermetische Gesteinsformationen und vielfältigste Erscheinungsformen des Wassers. Dabei entspricht der Ruhe seines Blicks Orlopps strenge analoge Schwarzweiß-Fotografie, in der Menschen nichts verloren haben, weil diese Kunst ja der Vergänglichkeit etwas entgegenzuhalten versucht.

Ohne Titel, 1969. © Detlef Orlopp
Ohne Titel, 1969. © Detlef Orlopp

Von jungen Jahren an erarbeitete Orlopp seinen unverwechselbaren diagnostisch-analytischen Stil entgegen dem ganz anderen gestalterischen, experimentellen Programm der Steinertschen »Subjektiven Fotografie« und verweigerte beharrlich jegliche kunsthistorische Schubladen, schrieb sich jedoch auf seinem Sonderweg umso eindrücklicher ins Gedächtnis der deutschen Nachkriegsfotografie ein.

Mit seinen Lichtbildern beschwört der Künstler die Idee urtümlicher Natur und heilt in seiner Kunst, was unheilbar ist. Daher rührt womöglich jene archaische Fremdheit der Orloppschen Bildwelt, die der Dichter Helmut Heißenbüttel so umschrieb: »Die große Schönheit ihrer Nuancierungen und ihrer formalen Rhythmik kann nicht über diese Fremdheit hinwegtäuschen, macht sie vielleicht nur tiefer.«

Detlef Orlopp porträtiert seit den 60er Jahren auch Menschen. So wie er Natur aus der menschengemachten Topographie erlöst und überzeitliche Zeichen in ihr aufruft, so legen seine Menschenbilder Zeugnis ab von einem analytischen und zugleich zugewandten Blick, der in jedem konkreten Gesicht Spuren des allgemeinen Mensch-Seins erfassen möchte. Bei Max Bense etwa, der bereits 1967 Fotografien von Detlef Orlopp in der von ihm geleiteten Studiengalerie der Technischen Hochschule Stuttgart ausstellte, dem er eine Porträtserie widmete.

Detlef Orlopp, geboren 1937 in Elbing/Westpreußen, studierte an der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie in Köln und bei Otto Steinert an der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken. 1959 folgte er seinem Lehrer an die Folkwangschule in Essen. 1961 erhielt er einen Lehrauftrag an der Werkkunstschule in Krefeld – die 1971 in die Hochschule Niederrhein überging – wo er als Professor für Fotografie und Film von 1973 bis zu seiner Emeritierung wirkte. 74 Semester hat er behutsam und streng Erkenntnisse an seine zahllosen Studenten weitergegeben. Hier seien stellvertretend nur Marliese Darsow, Ursula Rosenkranz und Philip Lethen genannt.

In einer umfassenden Retrospektive mit rund 90 Fotografien würdigten ihn im Februar 2007 die Alfred-Ehrhardt-Stiftung und das Kölner Forum für Fotografie anlässlich seines 70. Geburtstags.

Das Museum Folkwang Essen hat das fotografische Werk von Detlev Orlopp erworben und widmet ihm 2015 eine umfangreiche Retrospektive.

Irmgard Bernrieder