Bernhard Pfau (* 1. Juni 1902 in Wolfach/Baden, † 30. Juli 1989 in Düsseldorf)
Im Atelier von Bruno Paul erlernte der junge Bernhard Pfau nach eigenem Bekunden seinen »Sinn für Einfachheit, Proportion und technisch-handwerkliche Sauberkeit«. Er war dort seit 1921 tätig. 1924 bis 1926 lebte er in Wien, wo er die Gebäude der führenden Architekten wie Otto Wagner und deren »Musikalität des Bauens« (Pfau) entdeckte. Seit 1930 war er freischaffend in Düsseldorf tätig.
Ein Raumschiff aus der Zeit von Captain Kirk und Mr. Spock scheint da am Frankenring 20 gelandet und vergessen worden zu sein. Das futuristisch anmutende Bauwerk war zwischen 1951 und 1954 als Textilingenieurschule errichtet worden und gehört seit 1970 zur Hochschule Niederrhein. Die Stadt wurde damals in Architektenkreisen in einem Atemzug mit avantgardistischer Architektur genannt, während die Krefelder selbst die modernen Bauten ablehnten. Franz Lorscheidt zeichnete für den ersten Bauabschnitt verantwortlich, den Auftrag für den zweiten und dritten gewann in einem beschränkten Wettbewerb Bernhard Pfau, der für die Originalität seiner oftmals mit dem Material Glas spielenden Entwürfe und die oftmals verborgenen Konstruktionsprinzipien seiner Bauten bekannt ist.
Die in der Ausschreibung geforderte Veränderbarkeit aller Schulräume brachte den Architekten auf seine findige Konstruktion. »Bei Pfau entwickelt sich das Design immer aus der Konstruktion«, stellt Pfau-Fachmann Marcus Wrede in einem Vortrag 2012 fest. So leitet die bis auf ein schmales Fensterband geschlossene, von einer grünlichen Glashaut umfasste Fassade des langen Gebäudeflügels die Studenten an, sich in ihre Studien zu vertiefen. Zum hellen Innenhof hin öffnet sich der Bau. Als gewollten Kontrast stellt Pfau ihm das mit eloxiertem Aluminium verkleidete Auditorium auf vier Betonsockeln zur Seite. Mit der Wahl von Glas und Aluminium reagierte Pfau auf den Materialmangel der Nachkriegszeit, in der jedoch Arbeitskräfte noch so vergleichsweise günstig waren, dass man sich aufwendige Fassadenverkleidungen leisten konnte.
Die dringend erforderliche Sanierung des Gebäudekomplexes stellt eine Herausforderung dar, auch weil Details heute nicht mehr rekonstruierbar sind.
Bernhard Pfau entwarf und baute 1949/50 in Krefeld auch Haus Vogelsang, dem nach seiner Sanierung durch Marcus Wrede der Krefelder Denkmlapreis und Rheinische Denkmalpreis 2008 zugesprochen wurde.
Irmgard Bernrieder
Bernhard Pfau: Der Neubau der Textilschule
Der Text, in dem sich der Architekt Bernhard Pfau über seinen prämierten Wettbewerbsentwurf zum Neubau der neuen Krefelder Textilingenieurschule äußert, wurde entnommen aus »Krefelder Konturen«, herausgegeben vom Oberstadtdirektor der Stadt Krefeld, 1954:
»Die wesentlichen Merkmale des Entwurfs liegen darin, daß das gestellte umfangreiche Programm sich in wenigen klaren, einfachen Baukörpern konzentriert, die ihrerseits wieder das Schwergewicht im Haupteingang haben, der zugleich mit einer Ausstellungshalle und dem Aufgang zum Auditorium Maximum verbunden ist.
Im Zusammenhang, aber etwas herausgelöst, entsteht ein zehnstöckiges Gebäude, die Textilforschungsanstalt, so daß der Gesamtkomplex, insbesondere durch das Freilassen von Grünflächen mit altem Baumbestand und durch vollständiges Öffnen einzelner Gebäudeteile im Erdgeschoß, eine neuartige städtebauliche Anlage zeigt. Diese Art des Bauens steht im Gegensatz zu m. E. nicht mehr vertretbaren städtebaulichen Ansichten, die leider heute immer noch die »Korridor-Straße« gelten lassen. Die hier bei der Textilschule vorgeschlagene und endlich durchgeführte offene Bauanlage hat außer der freien lockeren Baukörperkomposition, bei welcher Freiflächen die Baukörper und Baukörper die Freiflächen gegeneinander steigern, natürlicherweise auch verkehrstechnische Vorteile. Man kann von allen Straßenseiten an- und abfahren und den zur Gesamtanlage gehörenden Parkplatz durch Unterfahren der offenen Gebäudeteile erreichen und verlassen.
Es sei auf das völlig freischwebende und nur auf vier Stützen stehende Auditorium, das ich als Überdeckung des Haupteinganges mit heranziehe, nur hingewiesen, obwohl viele Betrachter der Meinung sind, dies wäre eine Hauptsache.
Die äußere Erscheinungsform des Bauwerks ist das Resultat des Gruppierens der inneren Räume um einen großen Innengarten, der Ruhe und Konzentration gewährt, und die selbstverständliche Rücksicht auf die Sonnenlage in Beziehung zu den Räumen und Raumgruppen.
Eine Schule, in der intensiv gearbeitet wird, muß sich gegen die Straße abschirmen. Bei der Textilingenieurschule ist das wegen des starken Verkehrs auf dem Frankenring besonders wichtig. Der Schall-Schirm wird ganz einfach dadurch erzielt, daß alle Treppen, Wandelgänge und Flure, hinter Glaswänden sichtbar, zur Straße liegen, während die Arbeitsräume in den Innenhof blicken. Die äußere Front, spitzwinklig zur Straße, wird von einer Wand aus Spiegelglas gebildet, die es ermöglicht, wie bei einem übergroßen Schaufenster die Leistungen der Schule und der ganzen Seidenstadt in langwallenden Vorhängen über ganze Stockwerke als ein farbig-festliches Bild wirklich jedem Straßenpassanten zu zeigen und werben zu lassen.
Der Aufgeschlossenheit und dem Verständnis der Krefelder Industrie und der Verwaltung der Stadt wird es zu danken sein, wenn das Werk zu dem erwarteten guten Ende gebracht werden kann.«
Bernhard Pfau
Weitere Informationen:
Infos zum Krefelder Denkmalpreis und zum Rheinischen Denkmalpreis
Broschüre »Vision und Perspektive Krefelder Baukukltur von Bernhard Pfau«, erschienen zur gleichnamigen Ausstellung an der Hochschule Niederrhein 2013