Ohne Titel, 1960/61

Hubertus Brouwer – Ohne Titel (»Bücherrücken«), 1960/61, Keramik auf Betonplatte, in Ziegelwand eingelassen, Maße 265 × 355 cm. Dießemer Bruch 64 in Krefeld. Foto: Ralf Janowski
Hubertus Brouwer – Ohne Titel (»Bücherrücken«), 1960/61, Keramik auf Betonplatte, in Ziegelwand eingelassen, Maße 265 × 355 cm. Dießemer Bruch 64 in Krefeld. Foto: Ralf Janowski

Es war einmal eine Stadtbücherei in Krefeld, errichtet als »Insel des Geistes« (NRZ vom 21. Dezember 1960), fertiggestellt 1962 und 2006 wieder abgerissen, um von der neuen, 2008 eröffneten Mediothek abgewechselt zu werden. Soweit so gut, wären da nicht jene zwei großen und außergewöhnlichen Außenkeramiken von Hubertus Brouwer (1919 bis 1980) an der Westwand des einstigen Gebäudes, von denen eines den Baggern zum Opfer gefallen ist. Immerhin konnte das kleinere der beiden Reliefs, die unter Mitwirkung des Krefelder Künstlers Klaus Peter Noever 1960 entstanden sind, durch großen privaten Einsatz gerettet werden und ist seit 2010 an seinem heutigen Standort zu sehen.

Hubertus Brouwer – Ohne Titel (»Bücherrücken«), 1960/61, Keramik auf Betonplatte, in Ziegelwand eingelassen, Detail, Maße 265 × 355 cm. Dießemer Bruch 64 in Krefeld. Foto: Ralf Janowski
Hubertus Brouwer – Ohne Titel (»Bücherrücken«), 1960/61, Keramik auf Betonplatte, in Ziegelwand eingelassen, Detail, Maße 265 × 355 cm. Dießemer Bruch 64 in Krefeld. Foto: Ralf Janowski

Hubertus Brouwer ist mehr in den Niederlanden und in Westfalen, in Ochtrup, Münster und Burgsteinfurt künstlerisch tätig geworden als in Krefeld. Hier hat er nur zwischen 1955 und 1961 seine Spuren hinterlassen. Für den Innenhof der Stadtbibliothek entwickelte er auch ein Ensemble von 30 plattengroßen Mosaikfeldern bedeutender »Dichter und Denker«, die größtenteils abgetragen und nach Ochtrup, der Heimatstadt Brouwers, verbracht worden sind. Überdies erinnern das Mosaik »Köpfe des Abendlandes« im Gymnasium Fabricianum sowie fünf weitere Mosaike an der Portikusdecke des Rathauses an den Künstler.

Insbesondere die Keramiken waren nicht unumstritten. Zahlreiche Pressartikel vom Beginn der 60er Jahre berichten über die sehr kritische Resonanz der Bevölkerung auf die beiden Werke, die als »chaotische Anhäufung von meist viereckigen und hohlen Keramikstäben« beschrieben werden, »da und dort (…) von farbigen Tupfen unterbrochen«. (WZ vom 21. Dezember 1960). Andere Kommentare handeln sogar vom »Trümmerbild« nachdem ein »Lastwagen in einen Lattenzaun gefahren ist« oder von »Baustoffresten zum provisorischen Verschluss einer Mauerlücke«. Tatsächlich aber hat Hubertus Brouwer das für ihn so typische Merkmal der Assemblage in eine große, plastische Dimension übertragen. Was in seinen Bildern als Abdruck von Schraubenschlüsseln und weiteren Maschinenteilen zu erkennen ist, findet nun als Lattenkonstruktion seinen Weg ins Relief. Hubertus Brouwer hat sein Werk selber »Spielereien in Backstein« genannt. Später verfeinert er seine Gedanken mit folgenden Worten: »Aus der gleichförmigen, schönen und langen Mauer brechen die Umformungen des nämlichen Materials nicht unversehens, sondern eingegrenzt heraus und werden zu all jenen sichtbar gewordenen mannigfaltigen Gestalten spielerisch entwickelt, nun noch durch Lasur und etwas Buntheit ein wenig verfeinert, … verklärt …« (RP vom 17. Mai 1962: Wir trafen Huberts Brouwer am »Relief«, Stegreifgespräch vor der Westwand der neuen Stadtbücherei).

Werkangabe:
Hubertus Brouwer – Ohne Titel (»Bücherrücken«), 1960/61, Keramik auf Betonplatte, in Ziegelwand eingelassen, Maße 265 × 355 cm. Dießemer Bruch 64 in Krefeld

Christian Krausch